Die politische Lage in Abchasien, der von Georgien abtrünnigen Region am Schwarzen Meer, ist derzeit äußerst angespannt. Demonstranten haben in Suchumi, der Hauptstadt Abchasiens, das Parlamentsgebäude, den Regierungssitz und die Präsidentenresidenz besetzt. Auslöser der Proteste ist ein umstrittenes Investitionsabkommen mit Russland.
Wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) berichtet, hält sich der abchasische Präsident Aslan Bschanija derzeit in seinem Heimatort Tamysch auf, rund 40 Kilometer von Suchumi entfernt. Bschanija, ein ehemaliger Geheimdienstchef, hat Berichte über seine Flucht dementiert und angeboten, zurückzutreten, sollten die Demonstranten die besetzten Gebäude räumen. Er betonte, ihm gehe es nicht um den Machterhalt, sondern um die Wahrung der abchasischen „Staatlichkeit“.
Abchasien spaltete sich bereits Anfang der 1990er Jahre nach einem Krieg von Georgien ab. Nach einem weiteren Krieg im Jahr 2008 erkannte Russland die Region als unabhängig an und stationierte dort Truppen. Die Präsenz russischer Soldaten wird in Abchasien zwar weitgehend akzeptiert, doch das geplante Investitionsabkommen mit Moskau stößt auf breiten Widerstand in der Bevölkerung.
Die Demonstranten befürchten einen Ausverkauf ihres Landes an Russland. Wie tagesschau.de berichtet, ermöglicht das Abkommen ausländischen Staatsbürgern den Erwerb von Grundstücken und Wohnraum in Abchasien. Die Bevölkerung, insbesondere die ethnischen Abchasen, sorgt sich, erneut zur Minderheit im eigenen Land zu werden, wie es bereits zu Sowjetzeiten der Fall war, als ethnische Georgier die Mehrheit stellten.
Präsident Bschanija steht im Verdacht, kremltreu zu sein. Er ist in der Vergangenheit mehrfach dem Druck aus Moskau nachgegeben, beispielsweise bei der Auftragsvergabe für die Sanierung des Flughafens an einen kremlnahen Investor. Die Opposition kritisiert den Vertrag als nachteilig für Abchasien und befürchtet, dass der Investor letztendlich Eigentümer des Flughafengeländes werden könnte.
Das Investitionsabkommen wurde von der abchasischen Wirtschaftsministerin Kristina Ozgan in Moskau unterzeichnet, ohne die notwendige Zustimmung des Parlaments einzuholen. Diese sollte nun nachträglich erfolgen. Die Opposition rief die Bevölkerung dazu auf, ihre Abgeordneten von einer Ablehnung des Abkommens zu überzeugen. Als fünf Oppositionelle nach einer Veranstaltung vom Staatssicherheitsdienst festgenommen wurden, kam es zu Straßenblockaden, bis die Festgenommenen wieder freigelassen wurden. Die Stürmung des Parlaments und des Präsidentensitzes erfolgte schließlich im Vorfeld der Abstimmung über das Abkommen.
Der Deutschlandfunk berichtete am 17.11.2024, dass Präsident Bschanija seinen Rücktritt angeboten und Neuwahlen in Aussicht gestellt hat, sollte die Besetzung der Regierungsgebäude beendet werden.
Für Russland hat der 240 Kilometer lange Küstenstreifen Abchasiens strategische Bedeutung. Das Schwarze Meer gewinnt als Teil eines Transportkorridors zwischen Asien und Europa zunehmend an Wichtigkeit. Wie ntv berichtet, riet Russland seinen Staatsbürgern aufgrund der Unruhen von Reisen nach Abchasien ab.
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