September 25, 2024
Iran im Spannungsfeld: Unterstützung der Hizbullah ohne direkte Konfrontation

Eskalation im Libanon: Teheran gibt sich nach außen unbeteiligt

Die aktuelle Situation im Libanon stellt das iranische Regime vor ein komplexes Dilemma. Teheran hat die Hizbullah, eine schiitische Miliz, die als wichtiger Verbündeter im Kampf gegen Israel gilt, maßgeblich mit aufgebaut. Doch die jüngsten Entwicklungen im Libanon, insbesondere die Eskalation der Konflikte zwischen der Hizbullah und Israel, zwingen Iran dazu, seine Position neu zu überdenken. Teheran möchte sich nicht in einen offenen Krieg mit Israel hineinziehen lassen, gleichzeitig will es jedoch auch nicht den Eindruck erwecken, schwach zu sein.

Der erste öffentliche Auftritt des neuen iranischen Präsidenten Massud Peseschkian auf der Weltbühne sorgte für Verwirrung und Ärger in Teheran. In einer Pressekonferenz während der UN-Generalversammlung äußerte er, dass Iran bereit sei, die Spannungen mit Israel abzubauen, unter der Bedingung, dass Israel ebenfalls seine Waffen niederlegt und eine internationale Organisation für Sicherheit in der Region sorgt. Diese Äußerungen wurden jedoch schnell vom iranischen Außenministerium dementiert, was darauf hindeutet, dass sie nicht mit den führenden Kräften in Teheran abgestimmt waren.

Der Außenminister Abbas Araghchi stellte klar, dass Iran Libanon angesichts der Aggression des „zionistischen Regimes“ umfassend unterstützen werde. Diese Rhetorik zeigt, dass Teheran die israelischen Luftangriffe nicht als Angriffe auf die Hizbullah, sondern als direkte Aggression gegen den Libanon selbst betrachtet. Dies ist ein wichtiger Punkt, da jede Schwächung der Hizbullah auch eine Schwächung der iranischen Einflussnahme in der Region darstellen würde.

Die Hizbullah ist mit einem umfangreichen Arsenal an Raketen ausgestattet, das als zentraler Bestandteil der iranischen Abschreckungspolitik gegenüber Israel gilt. Die Gefahr eines Krieges zwischen Israel und der Hizbullah hat unmittelbare Auswirkungen auf die Sicherheitsüberlegungen Irans und könnte die Diskussion über eine atomare Abschreckung im Land neu entfachen.

Teheran hat bisher alles vermieden, was als direkte Einmischung in die Kämpfe interpretiert werden könnte. Die Führung sieht die israelischen Angriffe als eine Falle, die darauf abzielt, Iran in einen Krieg zu ziehen, was sie unbedingt vermeiden möchte. Gleichzeitig steht Teheran unter dem Druck, Stärke und Solidarität mit der Hizbullah zu demonstrieren. Die vermeintliche Friedensbotschaft des außenpolitisch unerfahrenen Präsidenten passt jedoch nicht in das strategische Konzept Teherans.

Die Wortwahl von Peseschkian, der Israel direkt nannte, anstatt die übliche Bezeichnung „zionistisches Regime“ zu verwenden, wurde von iranischen Hardlinern kritisch betrachtet. Diese Hardliner sind besorgt über die scheinbare Untätigkeit Teherans, insbesondere in Bezug auf die angekündigte Vergeltung für die Ermordung des Hamas-Chefs Ismail Haniyeh. Aus ihrer Sicht könnte diese Zurückhaltung Iran als schwach erscheinen lassen und Israel zu weiteren Angriffen auf iranische Interessen ermutigen.

In den letzten Tagen gab es mehrere Vorfälle, die die Spannungen zwischen Israel und der Hizbullah weiter anheizten. Eine Explosion von Pagergeräten, die mit der Hizbullah in Verbindung gebracht werden, führte zu Verletzungen und Todesfällen unter den Mitgliedern der Miliz. Diese Vorfälle wurden von libanesischen Sicherheitsbehörden als mögliche Angriffe des israelischen Geheimdienstes Mossad interpretiert, was die Situation weiter eskalieren ließ.

Die Reaktionen Irans auf die jüngsten Entwicklungen waren bisher eher zurückhaltend. Der Kommandeur der Revolutionsgarde, Hossein Salami, kündigte zwar eine „niederschmetternde Antwort von der Achse des Widerstands“ an, betonte jedoch, dass Iran nicht direkt in die Kämpfe eingreifen werde. Der Sprecher des Außenministeriums, Nasser Kanaani, erklärte, dass Iran den „Widerstand“ moralisch unterstützen werde, was darauf hindeutet, dass Teheran versucht, sich als unbeteiligt darzustellen.

Die Unterstützung Irans für die Hizbullah beruht auf dem Prinzip der Abstreitbarkeit, das es Teheran ermöglicht, Druck auf Israel auszuüben, ohne selbst ins Visier zu geraten. Dies wird durch die enge Zusammenarbeit zwischen der Hizbullah und den iranischen diplomatischen Vertretungen in der Region unterstrichen. Die Explosionen der Pager und Walkie-Talkies haben jedoch die enge Verbindung zwischen Iran und der Hizbullah offengelegt und könnten die Position Teherans weiter schwächen.

Insgesamt zeigt sich, dass die Eskalation im Libanon Iran vor ein Dilemma stellt. Teheran muss einen Weg finden, seine Unterstützung für die Hizbullah zu demonstrieren, ohne sich in einen offenen Konflikt mit Israel zu verwickeln. Die kommenden Wochen werden entscheidend sein, um zu sehen, wie sich die Lage weiterentwickelt und ob Iran in der Lage ist, seine Interessen in der Region zu wahren, während es gleichzeitig den Druck auf die Hizbullah aufrechterhält.

Die Situation bleibt angespannt, und die internationale Gemeinschaft beobachtet die Entwicklungen im Libanon und die Reaktionen Teherans mit großer Sorge. Die Frage, wie Iran auf die Eskalation reagieren wird und ob es in der Lage ist, seine Position zu behaupten, wird von vielen als zentral für die Stabilität in der Region angesehen.

Quellen: F.A.Z., dpa, Tagesschau

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