Junge Erwachsene im Alter von 18 bis 21 Jahren werden in Deutschland oft nach dem Jugendstrafrecht verurteilt. Die "Zeit" berichtete am 9. Dezember 2024, dass die Quote in Hamburg im Jahr 2024 bei 87 Prozent lag. Von 541 verurteilten Heranwachsenden wurden demnach die meisten nach Jugendstrafrecht behandelt. Dieser hohe Wert entspricht den Zahlen der Vorjahre 2021 und 2022. Auch in Schleswig-Holstein und dem Saarland liegt die Anwendung des Jugendstrafrechts bei Heranwachsenden mit etwa 82 bzw. 77 Prozent (Stand 2022) über dem Bundesdurchschnitt. Dieser liegt laut Statistischem Bundesamt bei ungefähr 60 Prozent. In Brandenburg, Sachsen und Sachsen-Anhalt hingegen kommt mit Quoten um die 40 Prozent deutlich häufiger das Erwachsenenstrafrecht zur Anwendung.
Das Jugendgerichtsgesetz (JGG) sieht die Anwendung des Jugendstrafrechts bei Heranwachsenden vor, wenn der Angeklagte zur Tatzeit in seiner sittlichen und geistigen Entwicklung einem Jugendlichen gleichstand oder es sich um eine Jugendverfehlung handelte. Im Jugendstrafrecht steht der Erziehungsgedanke im Vordergrund. Ziel ist weniger die Bestrafung, sondern die Vermeidung zukünftiger Straftaten. StudySmarter beschreibt das Jugendstrafrecht als einen speziellen Teilbereich des deutschen Strafrechts, der sich hinsichtlich der Altersgrenzen und der Sanktionen vom allgemeinen Strafrecht unterscheidet. Wie die Kanzlei Drewelow | Ziegler | Nickel auf ihrer Webseite erklärt, wird bei Heranwachsenden im Einzelfall geprüft, ob ihre Reife zum Tatzeitpunkt der eines Jugendlichen entsprach oder ob sie eine "jugendtypische" Tat begangen haben. Anzeichen für eine verzögerte Reife können Drogenkonsum, Störungen der psychosozialen Entwicklung oder fehlende Lebensplanung sein.
Bereits am 12. Dezember 2023 berichtete die "Zeit" über die Anwendung des Jugendstrafrechts bei jungen Erwachsenen. Auch hier wurde die hohe Quote von 87 Prozent in Hamburg im Jahr 2022 hervorgehoben. CDU-Fraktionschef Dennis Thering kritisierte diese Vorgehensweise und forderte eine Änderung des Jugendgerichtsgesetzes. Er bezweifelte, dass fast 90 Prozent der 18- bis 21-Jährigen in Hamburg tatsächlich geistig zurückgeblieben seien und verlangte, dass Volljährige grundsätzlich dem allgemeinen Strafrecht unterliegen sollten. Statista betont, dass die polizeiliche Kriminalstatistik nur die offiziell registrierte Kriminalität erfasst. Die Dunkelziffer, also die nicht angezeigten oder unentdeckt gebliebenen Fälle, dürfte bei der Jugendkriminalität besonders hoch sein.
Die Rechtsanwaltskanzlei Stern ist unter anderem auf die Vertretung von Jugendlichen und Heranwachsenden in Strafverfahren spezialisiert. Sie hebt die Unterschiede zum Erwachsenenstrafrecht und die vielfältigen Möglichkeiten der Verteidigung hervor. Im Jugendstrafrecht stehen spezialpräventive Erziehungsaspekte im Vordergrund. Neben der Jugendstrafe gibt es auch Erziehungsmaßregeln und Zuchtmittel als Rechtsfolgen. Die Kanzlei nennt als typische Jugenddelikte Ladendiebstahl, Schwarzfahren, Körperverletzung, Sachbeschädigung, Betrug und Drogendelikte.
Quellen: - Zeit Online (09.12.2024): Gerichte verurteilen Heranwachsende meist wie Jugendliche - Zeit Online (12.12.2023): Justiz: Gerichte verurteilen junge Erwachsene meist wie Jugendliche - StudySmarter: Besonderheiten des Jugendstrafrechts - Rechtsanwälte Kotz: Das Jugendstrafrecht für jugendliche Täter – Was Sie wissen sollten - Statista: Jugendkriminalität in Deutschland - Rechtsanwälte Drewelow | Ziegler | Nickel: Anwendung des Jugendstrafrechts auf Heranwachsende - Dejure.org: Jugendgerichtsgesetz § 105 - Stern | Strafrecht: Jugendliche und Heranwachsende