19.10.2024
Klimawandel bedroht Hessens historische Gärten und Parks

Trockenheit und Starkregen: Klimawandel setzt historischen Parks und Gärten in Hessen zu

Die historischen Garten- und Parkanlagen in Hessen, die als bedeutende Oasen der Erholung und als wertvolles Kulturgut gelten, sind zunehmend von den Folgen des Klimawandels betroffen. Die Veränderungen in den Wetterbedingungen, insbesondere die Zunahme von Hitze, Dürre und Starkregen, stellen eine ernsthafte Bedrohung für die empfindlichen Ökosysteme dieser Anlagen dar. Philipp Ludwig, der Leiter des Fachgebiets Gärten und Denkmalpflege bei den Staatlichen Schlössern und Gärten Hessen, hebt hervor, dass die Herausforderungen vor allem bei den Pflanzen liegen, auf die sich die Verantwortlichen einstellen müssen.

Die anhaltende Trockenheit der letzten Jahre hat bereits zu erheblichen Problemen bei der Erhaltung alter Baumbestände geführt. Ludwig erklärt, dass die Schäden, die in diesen historischen Gärten und Parks entstanden sind, immens sind. Die Staatlichen Schlösser und Gärten Hessen betreuen insgesamt 48 Standorte, die historische Kulturdenkmale im Besitz des Landes Hessen umfassen, darunter Schlösser, Burgen, Klöster sowie zahlreiche Gärten und Parks, die auf eine Geschichte von fast zwei Jahrtausenden zurückblicken.

Besonders stark betroffen sind die Bestände der Rotbuchen. Diese Bäume haben Schwierigkeiten, sich an die anhaltende Trockenheit anzupassen, was zu einem Verlust ihrer Vitalität führt. Infolgedessen sind sie anfälliger für Schädlinge und Pilzbefall, was einen Teufelskreis in Gang setzt: Die Vitalität der Bäume sinkt weiter, was letztlich zu ihrem Absterben führen kann. Das Holz der absterbenden Rotbuchen fault schnell, wodurch die Bäume instabil werden und innerhalb kurzer Zeit gerodet werden müssen.

Ein weiteres Problem, das mit dem Klimawandel einhergeht, ist die Zunahme invasiver Arten, die durch die steigenden Temperaturen begünstigt wird. Diese Arten können die einheimische Flora und Fauna erheblich belasten. Auch die baulichen Strukturen der Parks und Gärten sind betroffen: Starkregenereignisse führen dazu, dass Wegedecken ausgespült werden, was zusätzliche Instandhaltungsarbeiten erforderlich macht. Ludwig berichtet, dass es notwendig ist, regelmäßig nachzuarbeiten, um die Wege zu erhalten, da sie sonst durch die Witterung beschädigt werden.

Die Veränderungen des Grundwasserspiegels stellen ein weiteres Risiko dar. Diese können zu Setzungen führen, die die Fundamente von Gebäuden gefährden, und bei Starkregen können auch Bauwerke in der Nähe von Gewässern in Mitleidenschaft gezogen werden. Um diesen Herausforderungen zu begegnen, müssen die Gärten und Parks in den Sommermonaten intensiver bewässert werden. Ludwig erläutert, dass Dachflächenwasser gezielt genutzt werden soll, indem es direkt in die Parks geleitet wird. Zudem wird angestrebt, mehr Zisternen zu installieren und Versicherungsflächen zu schaffen, um die Wasserversorgung zu verbessern.

Ein weiterer Ansatz zur Bewältigung der Auswirkungen des Klimawandels ist die Verbesserung des Bodens im Wurzelbereich der Pflanzen. Im Schlosspark Bad Homburg wird beispielsweise Falllaub unter bestimmten Gehölzen verteilt, um eine Humusschicht zu bilden, die die Wasserspeicherfähigkeit des Bodens erhöht, als Verdunstungsschutz dient und Nährstoffe bereitstellt. Diese zusätzlichen Arbeiten erfordern nicht nur Zeit, sondern auch finanzielle Mittel. Ludwig schätzt, dass der pflegerische Mehraufwand in historischen Gärten aufgrund des Klimawandels zwischen 25 und 30 Prozent liegen könnte.

Die Pflege dieser historischen Anlagen wird als unverzichtbar angesehen, da sie zahlreiche wichtige Funktionen erfüllen. Sie bieten nicht nur Erholungsmöglichkeiten für die Menschen, sondern tragen auch zur Produktion von Frischluft bei und stellen Lebensräume für Baumstrukturen dar, die in forstwirtschaftlich genutzten Wäldern kaum noch vorkommen. Um diese Denkmale zu erhalten, ist es notwendig, entsprechendes Personal für die Pflege bereitzustellen und die erforderlichen finanziellen Mittel zu sichern.

Die Herausforderungen, die der Klimawandel mit sich bringt, erfordern eine noch flexiblere und anpassungsfähigere Herangehensweise an die Pflege der historischen Gärten und Parks. Siegfried Hoß, Leiter der Gärten und Gartendenkmalpflege von Hessen Kassel Heritage, betont die Notwendigkeit, die Pflegepraktiken an die neuen Bedingungen anzupassen. Der Bergpark Wilhelmshöhe, der seit 2013 als UNESCO-Weltkulturerbe anerkannt ist, ist ein Beispiel für die Herausforderungen, die durch den Klimawandel entstehen. Hier sind bereits hunderte Fichten aufgrund der Trockenheit gestorben, und die letzten verbliebenen Bäume mussten 2019 gefällt werden.

Um die Auswirkungen des Klimawandels zu bekämpfen, werden verschiedene Maßnahmen erprobt. Im Bergpark werden beispielsweise neue Baumarten gepflanzt, die besser mit den trockenen Sommern zurechtkommen. Orientfichten werden hinzugefügt, um die Artenvielfalt zu erhöhen und die Resilienz des Waldes zu stärken. Die Verantwortlichen sind sich jedoch bewusst, dass es keine Garantie dafür gibt, dass diese Maßnahmen in den kommenden Jahrzehnten erfolgreich sein werden.

Zusätzlich zu den Herausforderungen durch Trockenheit und Starkregen müssen die Verantwortlichen auch die Ausbreitung von Schädlingen im Auge behalten. Im Bergpark hat sich die Rosskastanien-Miniermotte ausgebreitet, die in den 1990er Jahren erstmals auftrat. Die Beobachtungen zeigen, dass sich natürliche Feinde der Schädlinge, wie Meisen, im Laufe der Zeit etabliert haben. Diese Erkenntnisse werden genutzt, um Meisenkästen in die Rosskastanien zu hängen, um die Population der Schädlinge zu kontrollieren.

Im Schlosspark in Wiesbaden-Biebrich sind die Auswirkungen des Klimawandels ebenfalls spürbar. Die Zunahme von Holz zersetzenden Pilzen und der Befall durch Insekten sind direkte Folgen der veränderten klimatischen Bedingungen. Schätzungen zufolge sind bis zu 15 Prozent der Bäume im Schlosspark in einem problematischen Zustand. Die klimatischen Veränderungen beeinträchtigen die Wasserversorgung, was zu einer schnelleren Alterung der Bäume führt. Auch die einst prächtige Hängebuche im Schlossinnenhof zeigt altersbedingte Schäden, die durch den Klimawandel verstärkt werden.

Die Herausforderungen, die der Klimawandel für die historischen Parks und Gärten in Hessen mit sich bringt, sind vielfältig und erfordern ein Umdenken in der Pflege und Erhaltung dieser wertvollen Kulturgüter. Die Verantwortlichen setzen auf innovative Ansätze und Maßnahmen, um die historischen Anlagen für zukünftige Generationen zu bewahren und gleichzeitig die ökologischen Funktionen dieser wertvollen Landschaften zu erhalten.

Die Erhaltung der historischen Gärten und Parks ist nicht nur eine Frage des Denkmalschutzes, sondern auch eine gesellschaftliche Verantwortung. Die Bedeutung dieser Anlagen für die Erholung, die Umwelt und die Kultur muss in der öffentlichen Wahrnehmung gestärkt werden, um die notwendigen Ressourcen und das Engagement für ihre Pflege und Erhaltung zu sichern.

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