Deutschland hat sein selbstgestecktes Klimaziel für das Jahr 2024 erreicht. Laut der Denkfabrik Agora Energiewende sind die Treibhausgasemissionen im Vergleich zum Referenzjahr 1990 um 48 Prozent gesunken. Damit wurde das nationale Ziel erreicht. Gegenüber dem Vorjahr 2023 entspricht dies einer Reduktion von drei Prozent, insgesamt wurden 656 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente ausgestoßen. Wie die Zeit berichtet, ist dies der dritte Rückgang in Folge und ein Emissionsniveau, das zuletzt in den 1950er Jahren verzeichnet wurde. Das von der EU vorgegebene Klimaziel wurde jedoch verfehlt – und zwar um zwölf Millionen Tonnen CO2.
Der Erfolg bei der Erreichung des nationalen Ziels ist hauptsächlich auf den Ausbau der erneuerbaren Energien zurückzuführen. Agora Energiewende schätzt den Anteil der Energiewirtschaft an den gesamten Emissionsminderungen auf 80 Prozent. Wind- und Solarenergie deckten 2024 rund 55 Prozent des Strombedarfs ab. Im Gegenzug sank die Kohleverstromung auf einen historischen Tiefststand. Kohlekraftwerke mit einer Gesamtkapazität von 6,1 Gigawatt, was 16 Prozent der installierten Kohlekapazität entspricht, wurden abgeschaltet. Zusätzlich trugen gestiegene Stromimporte, die zur Hälfte aus erneuerbaren Energien und zu einem Viertel aus Atomkraft stammten, zur Reduzierung der Emissionen bei. Auch die milde Witterung und die schwächere Konjunktur spielten eine Rolle.
Problematisch bleiben die Sektoren Gebäude und Verkehr. Hier wurden die im Klimaschutzgesetz festgelegten Vorgaben deutlich verfehlt. Im Gebäudesektor sanken die Emissionen zwar im Vergleich zum Vorjahr um zwei Millionen Tonnen, lagen aber dennoch neun Millionen Tonnen über dem Zielwert. Ähnlich präsentiert sich die Situation im Verkehrssektor: Ein Rückgang um zwei Millionen Tonnen steht einer Überschreitung des Ziels um 19 Millionen Tonnen gegenüber. Als Gründe nennt Agora Energiewende die milden Temperaturen, die einen geringeren Heizbedarf verursachten, sowie den durch die Wirtschaftsflaute reduzierten Lkw-Verkehr. Demgegenüber steht ein Anstieg des Pkw-Verkehrs.
Auch in der Industrie stiegen die Emissionen um drei Millionen Tonnen CO2 an. Agora Energiewende begründet dies mit einem höheren Verbrauch fossiler Brennstoffe in der energieintensiven Industrie. Trotz des Anstiegs erreichte der Sektor sein Klimaziel und unterschritt es sogar um zehn Millionen Tonnen CO2.
Das Verfehlen des EU-Klimaziels hat Folgen. Deutschland muss nun Emissionszertifikate von anderen Ländern erwerben, um die Überschreitung des europäischen Emissionsbudgets zu kompensieren. Andernfalls drohen Strafzahlungen an die EU-Kommission in Brüssel. Agora-Direktor Simon Müller sieht einen zentralen Grund für die Probleme in den Sektoren Gebäude, Verkehr und Industrie in der Verunsicherung von Haushalten und Unternehmen, welche zu einer Zurückhaltung bei Investitionen in klimafreundliche Technologien geführt habe. So brach die Nachfrage nach Wärmepumpen um 44 Prozent und die Neuzulassung von Elektroautos um 26 Prozent ein. Müller fordert eine CO2-orientierte Reform von Steuern, Abgaben und Subventionen, insbesondere im Verkehr, sowie eine Senkung der Netzentgelte für Betreiber von Wärmepumpen.
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