Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) steht vor der Herausforderung, mögliche Koalitionsverhandlungen mit der SPD in Brandenburg, Sachsen und Thüringen zu führen. Der Verhandlungsexperte Thorsten Hofmann, Leiter des C4 Center for Negotiation an der Quadriga Hochschule Berlin, sieht eine mögliche Regierungsbeteiligung für die junge Partei als Risiko. „Für das BSW, das sich gerade gegründet hat, ist jede Regierungsbeteiligung ein potenzielles Risiko, entzaubert zu werden“, sagte Hofmann der Deutschen Presse-Agentur (dpa).
Besonders mit Blick auf die Bundestagswahl 2025 müsse das BSW genau abwägen. „Es ist eine Gratwanderung, in allen drei Ländern ein Regierungsbündnis zu schmieden, weil Wagenknecht vor allem ihren Erfolg bei der Bundestagswahl 2025 im Blick hat“, so Hofmann gegenüber der dpa. Die Gefahr, dass sich das BSW in einer Regierungskoalition „demaskiert“, sei aufgrund der geringen Erfahrung des Personals und der noch nicht vollständig ausgebauten Strukturen real.
Hofmann hält es für unwahrscheinlich, dass die Koalitionsgespräche zwischen SPD und BSW schnell abgeschlossen werden. Als mögliche Lösung brachte er ins Spiel, dass sich das BSW nur in einem der drei Bundesländer für eine Regierungsbeteiligung entscheidet. Die Entscheidung darüber liege wahrscheinlich bei Sahra Wagenknecht selbst.
Ein wichtiger Faktor bei den Verhandlungen ist laut Hofmann die Zeit. Da im Januar ein neuer Ministerpräsident gewählt werden muss, ticke die Uhr. Je länger sich das BSW bei bestimmten Positionen querstellt, desto eher könnte die SPD Zugeständnisse machen, um die benötigte Regierungsmehrheit zu sichern.
Hofmann betonte, dass die SPD dem BSW Zeit geben müsse, da es sich um eine Zweckgemeinschaft handele, die sich erst finden müsse. Das BSW müsse außerdem Ressourcen aufbauen und rechtliche sowie fachliche Expertise gewinnen, um für Koalitionsverhandlungen gewappnet zu sein.
Einen interessanten Aspekt sprach Hofmann im Zusammenhang mit einem Gastbeitrag der Ministerpräsidenten von Sachsen und Brandenburg, Michael Kretschmer (CDU) und Dietmar Woidke (SPD), sowie des Thüringer CDU-Chefs Mario Voigt in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ an. In diesem warben die Politiker für ein stärkeres diplomatisches Engagement Deutschlands zur Beendigung des russischen Kriegs gegen die Ukraine. Für Hofmann ist dies ein klares Signal an das BSW: „Wir wollen unbedingt mit euch.“
Quelle: https://www.zeit.de/news/2024-10/06/verhandlungsexperte-regierungsbeteiligung-risiko-fuer-bsw