19.10.2024
Konflikt zwischen Wirtschaft und AfD: Thüringen vor den Landtagswahlen

Vor Landtagswahl in Thüringen: Offene Konfrontation zwischen Wirtschaft und AfD

Wenige Tage vor den Landtagswahlen in Thüringen und Sachsen wird die politische Landschaft von einer klaren Konfrontation zwischen der Wirtschaft und der Alternative für Deutschland (AfD) geprägt. Der thüringische AfD-Chef Björn Höcke äußerte sich auf einer Wahlkampfveranstaltung in Sömmerda abfällig über die Kampagne „Made in Germany, made by Vielfalt“, die von Familienunternehmen ins Leben gerufen wurde, um sich gegen die ausländerfeindlichen Parolen der AfD zu positionieren. Höcke forderte, dass Unternehmen sich aus der Politik heraushalten sollten und äußerte die Hoffnung, dass diese Unternehmen in „schwere, schwere wirtschaftliche Turbulenzen“ geraten.

Diese Äußerungen stießen auf heftige Kritik seitens der Familienunternehmer in Thüringen. Colette Boos-John, die Vorsitzende des thüringischen Landesverbands der Familienunternehmer, konterte Höckes Aussagen und bezeichnete die AfD als wirtschaftsfeindlich. Sie warnte, dass die Leidtragenden der von Höcke beschworenen Turbulenzen die Beschäftigten vor Ort seien und erklärte, dass Thüringen an der „Abbruchkante zur wirtschaftlichen Katastrophe“ stehe, sollte die AfD weiterhin an Einfluss gewinnen.

Wirtschaftsverbände und ihre Haltung zur AfD

Die großen Wirtschaftsverbände in Deutschland haben sich lange Zeit mit der Frage auseinandergesetzt, wie sie sich angesichts der steigenden Umfragewerte der AfD verhalten sollen. Traditionell halten sie sich zurück, wenn es um die Stellungnahme zu einzelnen Parteien geht, um mit den gewählten Regierungen unabhängig von deren politischer Ausrichtung zusammenzuarbeiten. In diesem Kontext äußerte sich Siegfried Russwurm, Präsident des Bundesverbands der deutschen Industrie (BDI), und forderte die Wähler auf, über das Gesellschaftsmodell nachzudenken, das von den Parteien vorgeschlagen wird.

Die IHK, der Handwerksverband sowie die Familienunternehmen betonen die Notwendigkeit eines weltoffenen Deutschlands, insbesondere im Hinblick auf den Fachkräftemangel. In den letzten Wochen haben mehr als 40 Familienunternehmen eine Vielfaltsinitiative ins Leben gerufen, um sich gegen die diskriminierenden Ansichten der AfD zu positionieren.

Die Reaktion der AfD

Höcke reagierte auf die Aktionen der Unternehmen, indem er diese als „pure Heuchelei“ abtat und den Familienunternehmen vorwarf, die Deindustrialisierung Deutschlands zu beobachten, ohne aktiv dagegen zu steuern. Er verwies auf seine persönliche Erfahrung mit einem Kettensägenhersteller, der angedeutet hatte, seine Produktion ins Ausland zu verlagern, und stellte in Frage, ob solche Unternehmen noch für „Made in Germany“ stehen können.

Demografische Herausforderungen in Thüringen

In Thüringen hat die AfD in den letzten Umfragen einen Anteil von etwa 30 Prozent erreicht, während die CDU und das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) jeweils nur etwa 20 Prozent erzielen konnten. Der thüringische Unternehmerverband sieht dies als ernsthafte Bedrohung für die wirtschaftliche Entwicklung des Bundeslandes. Colette Boos-John warnte, dass Thüringen in den nächsten zehn Jahren über 385.000 Erwerbstätige verlieren könnte, was die Notwendigkeit gesteuerter Zuwanderung unterstreicht. Sie stellte klar, dass dies etwas ganz anderes sei als der ungesteuerte Zustrom von Asylbewerbern.

Wirtschaftliche und gesellschaftliche Folgen

Die wirtschaftlichen Folgen einer möglichen Regierungsbeteiligung der AfD sind für viele Unternehmen in Thüringen besorgniserregend. Die Familienunternehmer betonen, dass die AfD eine wirtschaftliche Katastrophe herbeiführen könnte, wenn sie an der Macht bleibt. Dies wird durch die demografischen Herausforderungen verstärkt, mit denen Thüringen konfrontiert ist, da die Bevölkerung altert und die Zahl der Erwerbstätigen sinkt.

Zusätzlich warnen Vertreter der Grünen, wie Heiko Knopf aus Jena, dass fremdenfeindliche Vorfälle abschreckend auf internationale Studierende wirken könnten, was die weltoffene Gesellschaft und die wirtschaftliche Entwicklung weiter gefährden würde. Die Unternehmen, die sich gegen die AfD positionieren, tun dies nicht aus politischem Kalkül, sondern weil sie die wirtschaftlichen Risiken erkennen, die mit dem Aufstieg der AfD verbunden sind.

Fazit

Die bevorstehenden Landtagswahlen in Thüringen sind von einem rauen politischen Klima geprägt, in dem die Auseinandersetzungen zwischen der AfD und der Wirtschaft deutlich zutage treten. Die Äußerungen von Björn Höcke und die Reaktionen der Familienunternehmer verdeutlichen die Spannungen, die in der Gesellschaft herrschen. Die wirtschaftlichen und demografischen Herausforderungen, vor denen Thüringen steht, werden durch die politischen Entwicklungen noch verstärkt. Die kommenden Wahlen könnten entscheidend dafür sein, in welche Richtung sich das Bundesland entwickeln wird.

Quellen: F.A.Z., ZDF

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