Während die Bundesgrünen in einer tiefen Krise stecken, bereiten sich Hamburgs Grüne auf die Bürgerschaftswahl im März vor. Auf einer Landesmitgliederversammlung im Bürgerhaus Wilhelmsburg zeigten sie Geschlossenheit und Zuversicht, trotz der Herausforderungen auf Bundesebene.
Ursprünglich stand die Verabschiedung des Wahlprogramms für die Bürgerschaftswahl auf der Agenda. Angesichts des angekündigten Rücktritts des Bundesvorstands und des Parteiaustritts der Grünen Jugend dominierte jedoch die aktuelle Krise der Partei die Diskussionen. Rund 250 Mitglieder nutzten die Gelegenheit, um über den Zustand der Partei zu debattieren.
Im Gegensatz zu den enttäuschenden Ergebnissen bei den jüngsten Landtagswahlen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg zeigen sich Hamburgs Grüne optimistisch, die Wahl im März gewinnen zu können. Seit 2015 sind sie Juniorpartner in der rot-grünen Koalition des Stadtstaates.
Ob und wie sich die Krise der Bundespartei auf die Hamburger Grünen auswirken wird, ist noch ungewiss. Erste Anzeichen gibt es jedoch bereits: Die ehemalige Bundessprecherin der Grünen Jugend, Katharina Stolla, kommt aus Hamburg. Zudem trat die Grünen-Bürgerschaftsabgeordnete Ivy May Müller aus der Partei aus und schloss sich der Linksfraktion an.
Hamburgs Zweite Bürgermeisterin und Wissenschaftssenatorin Katharina Fegebank, die für das Amt des Ersten Bürgermeisters kandidiert, räumte die schwierige Situation ein: „Es sind keine leichten Zeiten, weil auch ich in den vergangenen Wochen und Monaten das Gefühl hatte, wir verlieren gerade die Deutungshoheit über uns als Partei, über unsere Themen, über unser Selbstverständnis.“ Dennoch sei sie überzeugt, dass die Partei gestärkt aus der Krise hervorgehen werde.
Auch Verkehrssenator Anjes Tjarks (Grüne) äußerte sich zum angekündigten Rücktritt des Bundesvorstands. „Wir brauchen einen Ruck in unserer Partei“, betonte er. Ein Jahr vor der Bundestagswahl sei ein personeller Neuanfang notwendig.
Co-Parteichef Leon Alam betonte, dass der neue Bundesvorstand die Aufgabe habe, sowohl Lösungen für die Kernwählerschaft zu finden als auch die Alltagssorgen der Menschen ernst zu nehmen. Kritisch äußerten sich mehrere Mitglieder über den Austritt der Bundesspitze der Grünen Jugend.
„Seit Donnerstag trauere ich und stehe mit meinen verbliebenen Freund:innen vor dem Rest unseres Jugendverbands“, sagte Emilia Milla Fester, die jüngste Abgeordnete des Deutschen Bundestags. Die Grüne Jugend sei „super wichtig für uns als Korrektiv und als Bildungsort“. Sie glaube, dass gerade jetzt progressive Kräfte wichtig seien, „die klar für einen sozialen Kurs, eine linke Politik bei den Grünen einstehen“.
Katharina Fegebank forderte eine neue Deutschlandagenda und betonte die Notwendigkeit von Investitionen in die Infrastruktur. Sie sprach sich für eine Lockerung der Schuldenbremse aus, um diese Investitionen zu ermöglichen. Mit Blick auf die Bürgerschaftswahl zeigte sie sich zuversichtlich: „Ich bin mir der Verantwortung total bewusst, dass wir es mit einem Erfolg im März schaffen können und schaffen werden, (...) die Grünen wieder zu einer starken, zu einer selbstbewussten Bündnispartei zu machen.“
Zuversicht, Mut und Spielfreude seien jetzt gefragt. „Das ist es, was ich von Euch, von uns sehen will.“
Das über 150 Seiten starke Wahlprogramm, das die Hamburger Grünen selbstbewusst „Regierungsprogramm 2025-2030“ nennen, sollte noch am Abend verabschiedet werden.
Source: https://www.zeit.de/news/2024-09/28/hamburgs-gruene-trotzen-der-krise-mutmachen-fuer-die-wahl