19.10.2024
Lithiumabbau im Erzgebirge: Chancen und Herausforderungen einer neuen Ära

Lithium: Weißer Goldrausch im Erzgebirge

Die Geschichte des Bergbaus im sächsischen Erzgebirge ist reich an Tradition und Innovation. Seit dem Mittelalter, genauer gesagt seit dem Jahr 1230, wird hier Zinn abgebaut. Diese lange Bergbautradition könnte nun durch die Suche nach Lithium, einem essenziellen Rohstoff für die Batterien von Elektroautos, eine Renaissance erleben. Der Geologe Thomas Dittrich, der die Region gut kennt, erklärt, dass die Bergleute in der Vergangenheit vor allem Zinn und später auch Wolfram abgebaut haben. Heute jedoch könnte die Jagd nach Lithium den Bergbau zurück ins Erzgebirge bringen.

Im Erzgebirge, insbesondere in der Region um Altenberg, lagern bedeutende Lithiumvorkommen. Schätzungen zufolge befinden sich hier rund 300.000 Tonnen des „weißen Goldes“. Allein in Zinnwald, einem Stadtteil von Altenberg, könnten etwa 96.000 Tonnen Lithium lagern. Diese Vorkommen sind für die moderne Technologie von zentraler Bedeutung, da Lithiumcarbonat, das aus Lithium gewonnen wird, der Hauptbestandteil von Lithium-Ionen-Batterien ist, die in Smartphones, Tablets und Elektroautos verwendet werden.

Die Deutsche Lithium GmbH, die zu 50 Prozent dem kanadischen Unternehmen Bacanora Minerals gehört, hat die Abbaulizenz für die nächsten 30 Jahre erhalten. Geschäftsführer Armin Müller plant, den Abbau im Untertagebau durchzuführen, wobei das Kammer-und-Pfeiler-Verfahren zum Einsatz kommen soll. Dies bedeutet, dass Kammern im Gestein geschaffen werden, die durch Pfeiler abgestützt werden. Der Abbau selbst erfolgt durch das Anbringen von Bohrlöchern, die mit Sprengstoff gefüllt und anschließend gesprengt werden. Das gewonnene Material soll dann an die Oberfläche gefördert werden.

Die Pläne für den Lithiumabbau in Zinnwald sind ambitioniert. Müller erwartet, dass der kommerzielle Abbau im Jahr 2019 beginnen kann, nachdem die Probebohrungen abgeschlossen und eine Machbarkeitsstudie erstellt wurde. Die Investitionen für das Projekt belaufen sich auf etwa 120 Millionen Euro. Müller ist optimistisch, dass die Menge an Lithium, die gewonnen werden kann, die Erwartungen übertreffen wird. Von den derzeit geschätzten 96.000 Tonnen Lithium könnte die tatsächliche Menge auf bis zu 110.000 Tonnen steigen, was die Gewinnung von etwa 500.000 Tonnen Lithiumcarbonat ermöglichen würde.

Der Markt für Lithium hat in den letzten Jahren erheblich an Bedeutung gewonnen. Der Preis für Lithiumcarbonat hat sich von 6.500 Dollar pro Tonne auf über 15.000 Dollar erhöht. Diese Preissteigerung hat das Interesse an Lithiumvorkommen weltweit geweckt, insbesondere in Ländern wie Chile und Australien, die zusammen etwa 80 Prozent der globalen Lithiumproduktion ausmachen. Der Abbau in diesen Ländern erfolgt in der Regel kostengünstiger, da die Lithiumkonzentrationen dort höher sind.

Die Lithiumkonzentration im Erzgebirge ist jedoch relativ niedrig, was den Abbau komplizierter und teurer macht. Müller betont, dass trotz der hohen Konkurrenz auf dem Markt auch Platz für neue Lagerstätten wie die in Zinnwald besteht, vor allem aufgrund der steigenden Nachfrage nach Lithium. Die Deutsche Lithium GmbH plant, die Wertschöpfungskette regional zu verankern und Geschäfte mit der heimischen Chemie- und Autoindustrie zu prüfen. Dies könnte nicht nur wirtschaftliche Vorteile bringen, sondern auch Arbeitsplätze in der strukturschwachen Region schaffen.

Die Rückkehr des Bergbaus könnte für die Anwohner von Altenberg und Zinnwald eine positive Entwicklung darstellen. Viele Menschen in der Region erinnern sich an die alten Bergbautraditionen und sind optimistisch, dass der neue Lithiumabbau Arbeitsplätze schaffen wird. Erste Stimmen aus der Bevölkerung zeigen Zustimmung zu den Plänen, da die Schaffung von Arbeitsplätzen in der Region dringend benötigt wird.

Allerdings gibt es auch Bedenken hinsichtlich der Umweltauswirkungen des Lithiumabbaus. Das Öko-Institut hat darauf hingewiesen, dass die Umweltfolgen, wie etwa saures Grubenwasser, nicht ignoriert werden dürfen. Müller hat jedoch versichert, dass der Abbau unter Tage erfolgen wird, sodass die Auswirkungen auf die Landschaft minimal bleiben sollten. Auch die vorhandene Infrastruktur soll genutzt werden, um zusätzliche Belastungen für die Umwelt zu vermeiden.

Ein weiterer Aspekt, der in der Diskussion um den Lithiumabbau im Erzgebirge berücksichtigt werden muss, ist der hohe Energiebedarf, der mit der Förderung und Verarbeitung von Lithium verbunden ist. Experten betonen, dass der gesamte CO2-Fußabdruck der Lithium-Ionen-Batterien von der Rohstoffgewinnung bis zur Herstellung betrachtet werden muss.

Insgesamt zeigt die Entwicklung im Erzgebirge, dass die Region vor einer potenziellen Wiederbelebung des Bergbaus steht, die sowohl wirtschaftliche Chancen als auch Herausforderungen mit sich bringt. Die kommenden Jahre werden zeigen, ob der Lithiumabbau im Erzgebirge tatsächlich die erhofften positiven Effekte für die Region bringen kann.

Die Zukunft des Lithiumabbaus im Erzgebirge bleibt spannend. Mit dem steigenden Bedarf an Lithium für Elektroautos und anderen Technologien könnte das Erzgebirge erneut zu einem wichtigen Standort für den Bergbau werden. Die Region hat eine lange Geschichte im Bergbau, und die Rückkehr zu diesen Wurzeln könnte sowohl wirtschaftliche als auch gesellschaftliche Veränderungen mit sich bringen.

Quellen:

  • Frankfurter Allgemeine Zeitung
  • Deutschlandfunk Kultur
  • Welt
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