8.12.2024
Medienkrieg in Israel Netanjahus Kampf gegen die Presse

Angriffe auf die Pressefreiheit unter Netanjahu in Israel

Premierminister Benjamin Netanjahu sieht sich zunehmender Kritik an seinem Umgang mit kritischen Medien ausgesetzt, was die Frage nach dem Zustand der Pressefreiheit in Israel aufwirft. Die F.A.Z. berichtete am 08.12.2024 über Anzeigen in der Zeitung „Haaretz“, die der Regierung Netanjahu unter anderem die „Strangulierung der freien Presse“ vorwerfen. Die Zeitung, bekannt als eine der schärfsten Kritikerinnen der Regierung, berichtet umfassend über den Gaza-Konflikt und die Rolle der israelischen Armee.

Einem Bericht der taz vom 06.12.2024 zufolge hat das Kabinett Maßnahmen gegen „Haaretz“ beschlossen. Regierungsmitgliedern und Angestellten staatlicher Einrichtungen soll die Kommunikation mit der Zeitung sowie das Schalten von Anzeigen untersagt werden. „Haaretz“ spricht von „Sanktionen“ und „Boykott“. Kommunikationsminister Shlomo Karhi begründet die Maßnahmen mit „Leitartikeln“, die Israels Legitimität in Frage stellen, und Äußerungen des Herausgebers Amos Schocken, die als Unterstützung des Terrorismus interpretiert wurden. Schocken hatte auf einer Konferenz von einem „grausamen Apartheidregime“ gesprochen, das Netanjahu den Palästinensern auferlege, und von „palästinensischen Freiheitskämpfern“. Später relativierte er seine Aussagen und betonte, er habe nicht die Hamas gemeint und den Einsatz von Terror nicht gutgeheißen.

Oren Persico von „The Seventh Eye“, einem israelischen Online-Magazin, sieht Netanjahus Vorgehen gegen die Medien laut taz als Teil einer Strategie zur Schwächung der israelischen Demokratie. Anat Saragusti von der israelischen Journalistenunion spricht von einer „Hetzkampagne“ gegen die Medien und Netanjahus Versuch, „die Deutungshoheit zu erlangen“. Auch der öffentlich-rechtliche Sender Kan ist ins Visier der Regierung geraten. Gesetzesvorlagen zielen darauf ab, die Unabhängigkeit des Senders durch Budgetkürzungen, staatliche Kontrolle und Privatisierung einzuschränken. Reporter ohne Grenzen (ROG) erklärte am 26.11.2024 in einer Pressemitteilung, die Netanjahu-Regierung schränke die Unabhängigkeit und Pluralität der Medien in Israel drastisch ein.

Der Tagesspiegel berichtete am 29.11.2024 ebenfalls über den Boykott von „Haaretz“ und die wachsende Besorgnis über die Aushöhlung der israelischen Demokratie. Netanjahu und seine Anhänger delegitimieren Medien wiederholt, indem sie diese mit „Al Jazeera“ vergleichen oder als „Giftmaschine“ bezeichnen. ROG zufolge wurden seit Beginn des Krieges in Gaza über 100 Medienschaffende getötet. Die israelische Regierung verbreitet ihre Darstellung eines gerechtfertigten Verteidigungskrieges und geht mit Gesetzen wie dem „Al-Dschasira-Gesetz“ gegen ausländische Medien vor, die als Gefahr für die nationale Sicherheit eingestuft werden.

Wie Christian Meier in der F.A.Z. am 07.12.2024 schrieb, wendet sich Netanjahu nach dem Hamas-Terroranschlag wieder seinem „eigentlichen Gegner“, dem „tiefen Staat“, zu. Der Artikel beschreibt Netanjahus wiedererlangte Stärke nach anfänglichem Popularitätsverlust. Auch n-tv berichtete bereits 2018 über Netanjahus Kampf gegen kritische Medien und dessen Bestreben, die Medienlandschaft nach seinen Vorstellungen zu gestalten. Vergleiche mit Autokraten wie Putin und Erdogan werden gezogen, und die Frage nach einer Gefährdung der israelischen Demokratie durch Netanjahu wird aufgeworfen.

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