Korruptionsvorwürfe gegen Netanjahu: Ein Überblick
Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu steht seit Mai 2020 wegen Korruption vor Gericht. Wie Christian Meier in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) berichtet, haben verschiedene Faktoren, darunter die Corona-Pandemie, der Gazakrieg und die Terrorgefahr, zu wiederholten Verzögerungen durch Netanjahus Anwälte geführt. Der Prozess, der die politische Zukunft des langjährigen Regierungschefs maßgeblich beeinflussen könnte, verläuft dementsprechend schleppend.
Netanjahu wird in drei Verfahren, bekannt als Fälle 1000, 2000 und 4000, der Bestechlichkeit, des Betrugs und der Untreue beschuldigt. Im "Fall 1000" geht es um den Vorwurf, Netanjahu und seine Frau hätten über Jahre hinweg teure Geschenke wie Zigarren, Champagner und Schmuck von wohlhabenden Bekannten, darunter dem Hollywood-Produzenten Arnon Milchan und dem Geschäftsmann James Packer, angenommen. Die Süddeutsche Zeitung (SZ) berichtete im Juli 2022, dass eine Schlüsselzeugin im Prozess ausgesagt habe, die Netanjahus hätten die Geschenke explizit angefordert. Die Verteidigung argumentiert, es handle sich um Geschenke unter Freunden. Die Anklage hingegen wertet die Geschenke als Bestechung, da Netanjahu im Gegenzug Milchan bei der Beantragung eines US-Visums unterstützt und sich für eine Steuerregelung eingesetzt haben soll, die Milchan finanziell begünstigt hätte.
Im "Fall 2000" steht der Vorwurf im Raum, Netanjahu habe mit dem Zeitungsverleger Arnon Mozes eine illegale Vereinbarung getroffen. Netanjahu soll Mozes positive Berichterstattung in dessen Zeitung "Yedioth Ahronoth" im Austausch für die Einschränkung der Verbreitung der Konkurrenzzeitung "Israel Hayom" zugesichert haben.
Als schwerwiegendster gilt der "Fall 4000". Hier wird Netanjahu vorgeworfen, als Kommunikationsminister dem Telekommunikationsunternehmen Bezeq regulatorische Vorteile gewährt zu haben. Dafür soll das zum Konzern gehörende Nachrichtenportal "Walla" positiv über ihn berichtet haben.
Netanjahu weist alle Anschuldigungen zurück und spricht von einer "Hexenjagd". Wie die Jüdische Allgemeine am 9. Dezember 2024 berichtete, bezeichnete er das Verfahren als systematische Verfolgung. Er warf den Medien vor, Lügen zu verbreiten und kündigte an, sich gegen die Vorwürfe zu verteidigen. Die Zeit berichtete, dass Netanjahu am 10. Dezember 2024 seine Aussage vor Gericht begann.
Der Prozess hat Israel tief gespalten und wird voraussichtlich noch Monate, wenn nicht Jahre andauern. Nach israelischem Recht ist Netanjahu nicht verpflichtet, von seinem Amt zurückzutreten, solange kein rechtskräftiges Urteil vorliegt. Im Falle einer Verurteilung drohen ihm bei Bestechlichkeit bis zu zehn Jahre Haft, bei Betrug und Untreue bis zu drei Jahre.
Quellen:
- https://www.faz.net/aktuell/politik/krieg-in-nahost/erreicht-netanjahus-prozess-seinen-hoehepunkt-110162096.html
- https://www.zeit.de/politik/ausland/2024-12/israel-ministerpraesident-benjamin-netanjahu-korruptionsprozess-erstmals-aussagen
- https://www.tagesschau.de/ausland/asien/israel-netanyahu-prozess-106.html
- https://www.faz.net/podcasts/f-a-z-podcast-fruehdenker/wie-reagiert-netanjahu-vor-gericht-auf-die-korruptionsvorwuerfe-faz-fruehdenker-110164593.html
- https://www.rnd.de/politik/israel-korruptionsprozess-gegen-netanjahu-geht-weiter-6T4TFNCN6JJ2BEV2FDYJIIBNPA.html
- https://www.juedische-allgemeine.de/politik/netanjahu-beginnt-aussage-in-seinem-korruptionsprozess/
- https://www.sueddeutsche.de/politik/israel-benjamin-netanjahu-korruption-1.5617562
- https://www.juedische-allgemeine.de/israel/netanjahu-bezeichnet-prozess-gegen-sich-als-verfolgung/