September 24, 2024
Neuanfang im Fernverkehr: Die Deutsche Bahn auf dem Weg zu mehr Kunden und Pünktlichkeit

Fernverkehr: Wie die Bahn wieder mehr Kunden gewinnen will

Die Deutsche Bahn steht vor der Herausforderung, das Vertrauen der Fahrgäste zurückzugewinnen und die Attraktivität des Fernverkehrs zu steigern. In den letzten Jahren waren die Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit der Züge stark beeinträchtigt, was zu einem Rückgang der Passagierzahlen geführt hat. Im ersten Halbjahr 2024 verzeichnete die Bahn einen Rückgang von sechs Prozent bei den Reisenden im Fernverkehr im Vergleich zum Vorjahr. Die Pünktlichkeit lag im gleichen Zeitraum bei nur 62,7 Prozent, was die Unzufriedenheit der Kunden weiter verstärkte.

Michael Peterson, der im Vorstand der Deutschen Bahn für den Personenfernverkehr zuständig ist, hat in jüngsten Pressegesprächen betont, dass 2024 ein „schmerzhaftes Jahr“ für die Bahn war. Die Gründe für die Probleme sind vielfältig: Streiks, Extremwetterereignisse und eine marode Infrastruktur haben die Situation erheblich verschärft. Peterson äußerte, dass die Bahn bis 2027 eine Pünktlichkeit von über 75 Prozent anstrebe, was eine signifikante Verbesserung darstellen würde.

Strategien zur Verbesserung der Pünktlichkeit

Um die Pünktlichkeit zu erhöhen, plant die Deutsche Bahn umfassende Sanierungsmaßnahmen an der Infrastruktur. Insbesondere sollen 41 wichtige Korridore priorisiert saniert werden, da derzeit 80 Prozent der Verspätungen auf den schlechten Zustand der Schienenwege zurückzuführen sind. Peterson betont, dass eine funktionierende Infrastruktur die Grundvoraussetzung für eine Verbesserung der Pünktlichkeit ist.

Ein weiterer Schritt zur Verbesserung der Abläufe ist die Einführung der sogenannten „Turbowende“, die eine schnellere Reinigung und Wiederbereitstellung von Zügen ermöglichen soll. Dadurch sollen bis zu 70 Minuten eingespart werden, was die Kapazitäten in den Werkstätten erhöht. Zudem wird ein Software-Update für die längeren ICE-4-Züge eingeführt, das die Maximalgeschwindigkeit von 250 auf 265 km/h erhöhen soll, um Verspätungen auszugleichen.

Erweiterung des Angebots

Um die Attraktivität des Fernverkehrs zu steigern, wird die Deutsche Bahn ihr Angebot erweitern. Ab Mitte Dezember 2024 wird eine neue Direktverbindung von Berlin nach Paris eingeführt, die eine Fahrzeit von rund acht Stunden verspricht. Diese Verbindung wird über Frankfurt, Karlsruhe und Straßburg führen und ist ein wichtiger Schritt, um die internationalen Verbindungen zu stärken.

Zusätzlich wird die Vorbuchungsfrist für Tickets von sechs auf zwölf Monate verlängert, was den Reisenden mehr Planungssicherheit bieten soll. Ab dem 16. Oktober 2024 können Kunden bereits Tickets für das gesamte kommende Jahr buchen. Dies soll dazu beitragen, das Vertrauen in die Buchungssysteme der Bahn zu stärken und die Kundenbindung zu erhöhen.

Reaktion auf Kundenwünsche

Die Deutsche Bahn reagiert auch auf die Wünsche ihrer Kunden, indem sie mehr Sprinter-Verbindungen einführt. Diese ICE-Fahrten mit nur wenigen Halten zwischen Start- und Endbahnhof sollen ab 2025 vermehrt angeboten werden. Bis Dezember 2026 sollen 20 deutsche Großstädte mit einem Halbstundentakt an den bundesweiten Fernverkehr angebunden werden.

Peterson hat betont, dass trotz des Spardrucks der Fernverkehr nicht reduziert werden soll, da er nur einen Bruchteil des gesamten Schienenverkehrs in Deutschland ausmacht. Die Bahn sieht den internationalen Fernverkehr als Wachstumsmarkt und plant, die Kooperation mit der französischen SNCF weiter auszubauen.

Finanzielle Herausforderungen

Die Deutsche Bahn hat in den letzten Jahren mit erheblichen finanziellen Herausforderungen zu kämpfen. Im ersten Halbjahr 2024 verzeichnete der Konzern einen Verlust von 1,2 Milliarden Euro, was auf hohe Investitionen in die Infrastruktur, Streiks und eine schwächelnde Nachfrage zurückzuführen ist. Der Umsatz lag bei 22,31 Milliarden Euro, was einem Rückgang von drei Prozent entspricht.

Um die finanzielle Lage zu verbessern, plant die Bahn, die Personalkosten zu senken und die Produktivität zu steigern. Der Vorstand hat bereits angekündigt, den Personalbedarf um 30.000 Stellen zu reduzieren. Diese Maßnahmen sollen dazu beitragen, die wirtschaftliche Situation des Unternehmens zu stabilisieren und langfristig wieder schwarze Zahlen zu schreiben.

Fazit

Die Deutsche Bahn steht vor der Herausforderung, das Vertrauen der Kunden zurückzugewinnen und die Attraktivität des Fernverkehrs zu steigern. Durch umfassende Sanierungsmaßnahmen, die Erweiterung des Angebots und die Reaktion auf Kundenwünsche soll die Pünktlichkeit verbessert und die Kundenzufriedenheit erhöht werden. Die finanziellen Herausforderungen erfordern jedoch auch eine strikte Kostenkontrolle und Effizienzsteigerungen, um die langfristige Stabilität des Unternehmens zu sichern.

Die kommenden Jahre werden entscheidend sein, um zu zeigen, ob die Deutsche Bahn in der Lage ist, die gesetzten Ziele zu erreichen und wieder mehr Kunden für den Fernverkehr zu gewinnen.

Quellen: Süddeutsche Zeitung, t-online, ZDF.

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