Die Besetzung der Präsidentenstelle am Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster sorgt in Nordrhein-Westfalen für anhaltende politische Turbulenzen. Wie die Süddeutsche Zeitung berichtet, muss das Verfahren aufgrund eines Fehlers im Justizministerium neu aufgerollt werden. Justizminister Benjamin Limbach (Grüne) räumte am Freitag in Düsseldorf ein, dass es bei der Beurteilung der ursprünglich ausgewählten Kandidatin einen „beachtlichen Fehler“ gegeben habe. Die Kandidatin, eine CDU-Politikerin und Duzfreundin Limbachs, war im Juni 2024 vom Kabinett ernannt worden. Die Regierung revidiert nun ihre Entscheidung und startet das Besetzungsverfahren mit aktualisierten Beurteilungen der verbliebenen Aspiranten neu.
Die Oppositionsparteien SPD und FDP kritisieren das Vorgehen der schwarz-grünen Landesregierung scharf. SPD-Fraktionschef Jochen Ott fordert den Rücktritt Limbachs und spricht von einem „schweren Schaden für die Justiz“. Auch die FDP erhebt schwere Vorwürfe. Der rechtspolitische Sprecher Werner Pfeil, bezeichnet die Vorgänge als „Sumpf von Rechtsverstößen“, in den sowohl das Innen- als auch das Justizministerium verstrickt seien, wie die Süddeutsche Zeitung berichtet.
Im Zentrum der Kritik steht die Beurteilung der ursprünglich ausgewählten Kandidatin. Diese arbeitet seit 2020 im NRW-Innenministerium. Die Beurteilung wurde im Herbst 2022 von Staatssekretärin Daniela Lesmeister (CDU) erstellt und fiel überaus positiv aus. Die Opposition spricht von „Bestnoten auf Bestellung“. Wie die Süddeutsche Zeitung berichtet, versäumte es Lesmeister jedoch, ihren Amtsvorgänger Jürgen Mathies in die Beurteilung einzubeziehen, obwohl dies eine interne Richtlinie des Innenministeriums vorschreibt. Mathies war von Juni 2020 bis Juni 2022 der Vorgesetzte der Kandidatin. Nachdem die Opposition diesen Fehler in einem Untersuchungsausschuss des Landtags aufgedeckt hatte, zog Lesmeister ihre Beurteilung zurück.
Das OVG Münster meldete daraufhin „erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der dienstlichen Beurteilung“ bei der Landesregierung an. Das Gericht ist mit der Causa seiner designierten Präsidentin selbst befasst, da ein unterlegener Bewerber vor dem Bundesverfassungsgericht Klage eingereicht hatte. Er argumentierte, Limbach habe ihn durch eine Vorfestlegung auf seine Duzfreundin benachteiligt und damit gegen das Prinzip der Bestenauslese verstoßen. Dieses Verfahren dürfte nun eingestellt werden, so die Süddeutsche Zeitung.
Die SPD-Obfrau im Untersuchungsausschuss, Nadja Lüders, fordert den Rücktritt von Staatssekretärin Lesmeister. Innenminister Herbert Reul (CDU) lehnt dies jedoch ab und hält an seiner Staatssekretärin fest. Auch Justizminister Limbach weist Rücktrittsforderungen zurück. Er sehe „keinen Anlass“ für einen Rücktritt, das Amt mache ihm „Spaß“, so die Süddeutsche Zeitung.
Limbach räumt indirekt ein, dass der Streit um die OVG-Präsidentschaft einen Imageschaden verursacht hat. Er rechnet damit, dass sich das neu gestartete Verfahren zwischen den drei bisherigen Bewerbern entscheiden wird, hält aber weitere Bewerbungen für theoretisch möglich. Experten im Justizministerium halten eine völlig neue Ausschreibung der Stelle für rechtswidrig. Limbach lehnt auch die Forderung der FDP ab, alle bisherigen Entscheider von der Auswahl auszuschließen, und bezeichnet dies ebenfalls als rechtswidrig.