Die Bundesregierung hat am 8. Januar 2025 die Einrichtung eines Schiedsgerichts für die Rückgabe von NS-Raubkunst beschlossen. Dieses neue Gericht soll die bisherige Beratende Kommission ablösen und künftig verbindliche Entscheidungen in Streitfällen fällen (Die Zeit). Bund, Länder und kommunale Spitzenverbände erhoffen sich dadurch eine einfachere Restitution von NS-Raubgut. Sowohl der Zentralrat der Juden in Deutschland als auch die Jewish Claims Conference waren an den Beratungen beteiligt (dpa).
Eine wesentliche Neuerung ist die sogenannte „einseitige Anrufbarkeit“. Bisher benötigte die Beratende Kommission die Zustimmung sowohl der Nachfahren der ursprünglichen Besitzer als auch der Museen bzw. deren Träger, um tätig zu werden. Dies führte oft zu Stillstand, da eine Partei die Prüfung der Herkunft eines Kunstwerks blockieren konnte. Künftig kann das Schiedsgericht auch auf Antrag der Nachfahren der Opfer allein tätig werden. Die Zeit nennt als Beispiel Bayern, das sich seit Jahren weigert, die Provenienz eines Picasso-Gemäldes aus den staatlichen Sammlungen untersuchen zu lassen.
Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) erklärte laut dpa, Deutschland komme mit dieser Reform seiner historischen Verantwortung besser nach. Das Schiedsgericht solle „faire und gerechte Lösungen“ ermöglichen und für mehr Rechtssicherheit sorgen. Der Zentralrat der Juden in Deutschland begrüßt die Reform als wichtigen Schritt in Richtung eines verbindlichen Restitutionsgesetzes, wie es in anderen europäischen Ländern bereits existiert (Esslinger Zeitung).
Die Reform wird jedoch nicht uneingeschränkt positiv aufgenommen. Anwälte, Historiker und Erben von Geschädigten haben in einem offenen Brief an Bundeskanzler Olaf Scholz ihre Bedenken geäußert. Sie befürchten eine Verschlechterung der Situation der Opfer und kritisieren unter anderem die mangelnde Transparenz der Rahmenbedingungen des Schiedsgerichts (Jüdische Allgemeine). Sie argumentieren, dass bestimmte Opfergruppen, wie z.B. verfolgte Kunsthändler, unter den neuen Regeln ihre Kunstwerke nicht mehr zurückbekommen könnten (ad-hoc-news).
Die Einrichtung des Schiedsgerichts ist Teil des Koalitionsvertrags. Bund, Länder und Vertreter der kommunalen Spitzenverbände hatten sich bereits im Oktober darauf geeinigt. Die Reform soll die Washingtoner Prinzipien von 1998 und die Gemeinsame Erklärung von 1999 umsetzen, so Regierungssprecher Steffen Hebestreit (Jüdische Allgemeine).
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