Ungarns Ministerpräsident Orbán lädt Netanjahu trotz Haftbefehl ein
Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán plant, den israelischen Premierminister Benjamin Netanjahu zu einem Besuch nach Ungarn einzuladen, obwohl gegen Netanjahu vom Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) ein Haftbefehl erlassen wurde. Wie die Süddeutsche Zeitung berichtet, bezeichnete Orbán die Entscheidung des IStGH als „zynisch“ und als „Einmischung in einen laufenden Konflikt zu politischen Zwecken“. Im ungarischen Staatsrundfunk versicherte Orbán, dass die Einladung für Netanjahu „keine Konsequenzen“ haben werde und Ungarn den Haftbefehl nicht vollstrecken würde. Orbán betonte, Netanjahu könne in Ungarn „in angemessener Sicherheit“ Verhandlungen führen. Die beiden Regierungschefs pflegen seit Jahren eine enge Beziehung.
Die Einladung Orbáns erfolgt inmitten gespaltener Reaktionen innerhalb der EU auf den Haftbefehl. Während der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell die Respektierung und Umsetzung der Gerichtsentscheidung fordert, wie die Süddeutsche Zeitung berichtet, kritisiert US-Präsident Biden den IStGH. Auch innerhalb der EU gibt es unterschiedliche Positionen: Die Niederlande haben sich bereit erklärt, den Haftbefehl zu vollstrecken, während Ungarn, das derzeit die EU-Ratspräsidentschaft innehat, ihn ignorieren will. Wie der Stern berichtet, hat Orbán in der Vergangenheit wiederholt mit Alleingängen innerhalb der EU für Kritik gesorgt, insbesondere in Bezug auf Russland. Im aktuellen Nahost-Konflikt hat sich Ungarn deutlich auf die Seite Israels gestellt.
Der IStGH hatte den Haftbefehl gegen Netanjahu und seinen ehemaligen Verteidigungsminister Joav Gallant wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen erlassen. Wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) berichtet, wirft der IStGH Netanjahu und Gallant vor, für die mangelnde Versorgung der Bevölkerung im Gazastreifen mit lebensnotwendigen Gütern wie Nahrung, Wasser und Medikamenten verantwortlich zu sein. Netanjahu weist die Anschuldigungen zurück und betont, Israel habe während des Krieges „Hunderttausende Tonnen Lebensmittel“ in den Gazastreifen geliefert, wie Heute berichtet.
Die Reaktionen auf den Haftbefehl sind international unterschiedlich. Die USA lehnen die Haftbefehle grundsätzlich ab. Aus Deutschland gab es zunächst keine offizielle Stellungnahme. Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) begrüßte die Haftbefehle, wie die Süddeutsche Zeitung berichtet.
Der IStGH ist auf die Kooperation seiner Mitgliedstaaten angewiesen, um seine Haftbefehle durchzusetzen. Weder Israel noch die USA sind Mitglied des IStGH. Dies wirft die Frage auf, wie die Haftbefehle in der Praxis umgesetzt werden können. Die Einladung Orbáns an Netanjahu unterstreicht die politischen Spannungen, die der Haftbefehl ausgelöst hat.
Quellen:
- Süddeutsche Zeitung: https://www.sueddeutsche.de/politik/israel-krieg-news-liveticker-gaza-benjamin-netanjahu-viktor-orban-lux.Ddp4twf5uLpiMc7kf3G9op
- Stern: https://www.stern.de/politik/ausland/orban-will-netanjahu-nach-ungarn-einladen---trotz-haftbefehl-des-istgh-35249412.html
- Frankfurter Allgemeine Zeitung: https://www.faz.net/agenturmeldungen/dpa/orban-will-netanjahu-einladen-und-haftbefehl-ignorieren-110127192.html
- Tagesspiegel: https://www.tagesspiegel.de/internationales/ungarns-beziehung-zu-israel-orban-will-netanjahu-einladen-und-haftbefehl-ignorieren-12751115.html
- Stern: https://www.stern.de/politik/ausland/ungarns-beziehung-zu-israel--orban-will-netanjahu-einladen---und-haftbefehl-ignorieren-35249446.html
- idowa: https://www.idowa.de/politik/orban-will-netanjahu-einladen-und-haftbefehl-ignorieren-4007474.html
- Heute: https://www.heute.at/s/orban-will-netanjahu-einladen-und-haftbefehl-ignorieren-120073948
- Handelsblatt: https://www.handelsblatt.com/politik/international/nahost-haftbefehl-sei-falsch-orban-laedt-netanjahu-ein/29433048.html