Die SPD hat sich entschieden: Olaf Scholz wird erneut als Kanzlerkandidat antreten. Der langjährige SPD-Wahlstratege Frank Stauss bewertet diese Entscheidung im Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) als „absolut richtig, wenn auch spät“. Eine Entscheidung für Boris Pistorius, wie von einigen gefordert, wäre laut Stauss eine „spekulative Impulsentscheidung“ gewesen, die „auf der Strecke der nächsten Monate nicht getragen“ hätte. Die Diskussion um die Kandidatur bezeichnet er als „total überflüssig“.
Die öffentliche Debatte um die Kanzlerkandidatur hat der SPD in den vergangenen Tagen negative Schlagzeilen beschert. Stauss räumt ein, dass die Situation für die Partei aktuell schwierig ist, verweist aber auch darauf, dass das Ende offen sei. Wie die FAZ berichtet, zitiert Stauss Hildegard Knef: „Dass es gut war wie es war, das weiß man hinterher. Dass es schlecht ist, wie es ist, weiß man gleich.“ Die SPD müsse nun die negative Presse abschütteln und den Wählerinnen und Wählern zeigen, dass sie gemeinsam für eine gute Sache kämpfen. Stauss betont, dass die Konkurrenz nicht „brillant aufgestellt“ sei.
Auf die Frage, ob die Pistorius-Befürworter nun geschlossen hinter Scholz stehen werden, antwortet Stauss in der FAZ, dass es schließlich um die „richtige Politik“ gehe. Inhaltliche Konflikte zwischen Scholz und Pistorius gebe es nicht. Bei der anstehenden Wahl gehe es um grundlegend unterschiedliche Politikentwürfe von Union und SPD in Bereichen wie Wirtschafts-, Sozial-, Umwelt- und Außenpolitik. Alle SPD-Mitglieder sollten für eine starke SPD kämpfen, so Stauss.
Die FAZ thematisiert im Interview mit Stauss auch die „Erlösersehnsucht“ der SPD, die sich in der Diskussion um Pistorius gezeigt habe. Stauss bestätigt diese Tendenz und verweist auf eine Studie mit dem Titel „Aus Fehlern lernen“, die er vor vier Jahren mitverfasst hat. Die SPD sei in der Vergangenheit mit „Sturzgeburten“ wie Steinmeier, Steinbrück und Schulz gescheitert. Obwohl die Parteiführung um Lars Klingbeil und Saskia Esken die Lehren daraus eigentlich gezogen habe, scheine die Sehnsucht nach dem „weißen Ritter“ weiterhin zu bestehen.
Die Entscheidung, Scholz nicht direkt nach dem Ampelbruch als Kandidaten zu nominieren, wird im Rückblick als Fehler gesehen. Stauss erklärt dies in der FAZ damit, dass niemand mit einer Debatte über Scholz gerechnet habe. Die Parteiführung habe einen Zeitplan mit Vertrauensfrage, Nominierung und Bestätigung auf dem Parteitag vorgesehen. Im Nachhinein würde man es anders machen, so Stauss.
Zur Bedeutung von Personen und Inhalten im Wahlkampf betont Stauss gegenüber der FAZ, dass dieser Wahlkampf substanzieller werden könne als andere. Es gehe um Wirtschaft, Soziales und die Handlungsfähigkeit des Staates. Die Person des Kandidaten sei jedoch der „Transmissionsriemen“ und müsse in den Themen glaubwürdig sein. Der Wahlkampf werde sich zwischen dem wirtschaftsliberalen Friedrich Merz und Kanzler Scholz, der den sozialen Zusammenhalt in den Vordergrund stelle, abspielen.
Stauss relativiert die Bedeutung von Sympathiewerten. In seiner langjährigen Erfahrung als Wahlkampfmanager seien Sympathiewerte nie ausschlaggebend gewesen. Es gehe darum, wem man inhaltlich vertraue und wer besser für die Zukunft sei. Die SPD könne im Wahlkampf noch zulegen, so Stauss in der FAZ. Die Wählerinnen und Wähler würden sich in den Wochen vor der Wahl intensiv mit den Kandidaten und ihren Programmen auseinandersetzen und dann ihre Entscheidung treffen.
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