October 3, 2024
Die Osterinsel im neuen Licht: Resilienz statt Kollaps

Der Sonntagsökonom: Es gab keinen Kollaps auf der Osterinsel

Die Osterinsel, im Pazifik gelegen und bekannt für ihre imposanten Moai-Statuen, ist seit jeher ein Ort voller Rätsel und Mythen. Lange Zeit hielt sich die Theorie, dass die einstigen Bewohner, die Rapa Nui, durch Raubbau an der Natur ihre eigene Zivilisation zerstört hätten – ein abschreckendes Beispiel für den sogenannten Ökozid. Doch neuere Forschungsergebnisse stellen diese These infrage und zeichnen ein differenzierteres Bild der Geschichte.

Der Mythos vom ökologischen Selbstmord

Die These vom Kollaps der Osterinsel-Kultur durch Umweltzerstörung wurde durch Publikationen wie Jared Diamonds Bestseller „Kollaps“ populär. Diamond argumentierte, dass die Rapa Nui die einst dichten Palmenwälder rodeten, um Platz für ihre Siedlungen und die Errichtung der Moai zu schaffen. Die Abholzung führte zu Bodenerosion, der Verlust der Bäume wiederum zum Verschwinden von Nahrungsquellen und Baumaterial. In der Folge kam es zu Hungersnöten, Bürgerkriegen und sogar Kannibalismus, die die Bevölkerung der Insel drastisch reduzierten. Diese These prägte lange Zeit das Bild der Osterinsel als warnendes Beispiel für die Grenzen des Wachstums.

Neue Erkenntnisse widerlegen den Kollaps

In den letzten Jahren haben jedoch archäologische Untersuchungen und Genanalysen neue Erkenntnisse zutage gefördert, die die Theorie vom ökologischen Kollaps der Osterinsel-Kultur widerlegen. So fand ein Forschungsteam um den Archäologen Dylan Davis von der Columbia Climate School heraus, dass die Bevölkerungszahl auf der Osterinsel zu keinem Zeitpunkt so hoch war wie lange Zeit angenommen. „As reported by Spektrum der Wissenschaft“, deuten die Ergebnisse darauf hin, dass die Einwohnerzahl über Jahrhunderte hinweg klein und stabil blieb. Die Menschen hätten sich vor allem von Süßkartoffeln ernährt, die sie in Steingärten anbauten. Die Fläche dieser Gärten hätte jedoch niemals ausgereicht, um eine sehr große Population zu ernähren.

Auch die Analyse von Genomen, die von Nachfahren der Inselbewohner stammen, bestätigt, dass es keinen großen Bevölkerungseinbruch gegeben hat. Wie „die Deutsche Welle“ berichtet, weisen die genetischen Daten darauf hin, dass die Rapa Nui geeignete Wege gefunden haben, um auf der Insel zurechtzukommen und über lange Zeit hinweg eine kleine, stabile Bevölkerung aufrechtzuerhalten.

Anpassung statt Zerstörung

Statt eines Raubbaus an der Natur sprechen die neuen Erkenntnisse dafür, dass die Rapa Nui ihre Umwelt intelligent nutzten und sich an die spezifischen Bedingungen der Insel anpassten. So entwickelten sie ausgeklügelte Methoden, um die kargen Böden fruchtbar zu machen. Die Anlage von Steingärten, bei der kleine Gesteinsbrocken über die Anbauflächen verteilt wurden, schützte die Pflanzen vor Wind und Austrocknung. Die Steine gaben zudem mineralische Nährstoffe an den Boden ab und förderten so das Pflanzenwachstum.

Die Forschenden gehen davon aus, dass die Rapa Nui zusätzlich zum Anbau von Süßkartoffeln auch andere Nahrungsquellen nutzten, wie zum Beispiel Fischfang und den Anbau von Bananen, Taro und Zuckerrohr. „As reported by der Deutschen Welle“, deuten Isotop-Untersuchungen der Knochen und Zähne der einstigen Inselbewohner darauf hin, dass sie 35 bis 45 Prozent ihrer Nahrung aus dem Meer bezogen.

Die Osterinsel – ein Beispiel für Resilienz

Die neuen Erkenntnisse über die Geschichte der Osterinsel zeigen, dass die Insel kein Beispiel für einen ökologischen Kollaps ist, sondern vielmehr für die Anpassungsfähigkeit und Resilienz des Menschen. Die Rapa Nui haben es geschafft, über Jahrhunderte hinweg auf einer isolierten Insel mit begrenzten Ressourcen zu überleben. Anstatt die Umwelt zu zerstören, passten sie ihre Lebensweise an die Gegebenheiten an und entwickelten nachhaltige Anbaumethoden. Die Osterinsel ist somit nicht nur ein Ort voller archäologischer Rätsel, sondern auch ein Ort, der uns lehrt, wie wichtig Anpassungsfähigkeit und ein respektvoller Umgang mit der Natur sind.

Quellen:

  • https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/osterinsel-der-oeko-kollaps-der-nie-stattfand-110013720.html
  • https://www.welt.de/wissenschaft/article252161908/Archaeologie-Mythos-Rapa-Nui-Kein-Kollaps-auf-der-Osterinsel.html
  • https://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/osterinsel-analyse-widerlegt-kollaps-theorie-a-ac3417e9-9947-4f6e-86ed-3e41c0c49979
  • https://www.spektrum.de/news/vermeintliche-umweltkatastrophe-osterinsel-ohne-kollaps/2219862
  • https://www.dw.com/de/genom-analyse-best%C3%A4tigt-keine-%C3%B6kokatastrophe-auf-der-osterinsel/a-69412781
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