19.10.2024
Peru: Politisches Comeback mit 86 Jahren

Peru: Rückkehr in die Politik mit 86

Der Autokrat Alberto Fujimori will noch einmal Präsident in Peru werden. Dabei galt er gerade noch als herzkrank und wurde frühzeitig aus dem Gefängnis entlassen.

Von Benedikt Peters

Das Video hat etwas von einer Seifenoper. Man sieht die Tochter, eng an den betagten Vater geschmiegt, es ertönen sanfte Klavierklänge. Und dann sagt sie: „Schau mal, Papa, wenn du das wirklich willst, dann werde ich dich unterstützen.“

Nein, es handelt sich nicht um eine Szene aus dem Vorabendprogramm eines Privatsenders, sondern um ein Video, das in Peru große Aufregung hervorruft. In den sozialen Netzwerken verbreitet hat es die Rechtsaußen-Politikerin Keiko Fujimori, sie ist darin selbst mit ihrem Vater zu sehen, und sie erzählt aus einem Gespräch, das die beiden neulich geführt haben wollen. Dazu schreibt sie, damit es auch jeder kapiert: „Mein Vater und ich haben uns unterhalten und zusammen entschieden, dass er der Kandidat bei den nächsten Präsidentschaftswahlen sein wird.“

In den Neunzigerjahren unterzog er das Land einer neoliberalen Schocktherapie

Der Andenstaat Peru hat damit einen Interessenten für das oberste Staatsamt, der noch ein gutes Stück älter ist als der 81 Jahre alte US-Präsident Joe Biden – Alberto Fujimori feiert in knapp zwei Wochen seinen 86. Geburtstag, bei der für 2026 geplanten Wahl geht er auf die 88 Jahre zu. Zudem hat das ohnehin politisch unruhige Land nun die nächste aufgeregte Debatte am Hals, denn einen umstritteneren, stärker polarisierenden Kandidaten als Alberto Fujimori könnte es kaum geben.

Fujimori hat Peru schon einmal regiert, von 1990 bis 2000, er hat in dieser Zeit den Kongress und die Gerichte entmachtet und das Land einer neoliberalen Schocktherapie unterzogen. Letzteres löste zwar einen Wirtschaftsaufschwung aus, trieb andererseits aber weite Teile der Bevölkerung in die Armut. Vor allem führte Fujimori einen regelrechten Krieg gegen die marxistische Guerilla-Organisation des Leuchtenden Pfads, die damals das Land terrorisierte. Mit seinem Gegenterror gelang es Fujimori, weite Teile der Guerilla zu entwaffnen. Allerdings mit drastischen Nebenwirkungen: Todesschwadronen von Armee und Polizei verübten mehrere Massaker an der Bevölkerung. Außerdem wurden unter Fujimoris Regierung Schätzungen zufolge etwa 300 000 meist arme und indigene Frauen zwangssterilisiert.

Unter anderem wegen des Einsatzes der Todesschwadronen verurteilte ein Gericht Fujimori 2009 zu 25 Jahren Haft, im Dezember 2023 wurde er jedoch nach einigen politischen Wirren begnadigt. Das Gesuch stützten seine Anwälte vor allem auf seinen schlechten Gesundheitszustand, Fujimori galt als herzkrank. Das Gefängnis verließ er mit einem Beatmungsgerät und einem Schlauch unter der Nase. Inzwischen aber scheint sich Fujimori erholt zu haben; zumindest macht er in dem Video, das seine Tochter Keiko nun im Netz verbreitet, einen deutlich besseren Eindruck.

Das letzte Wort in der Frage der Kandidatur ist allerdings noch nicht gesprochen. Verurteilte Straftäter dürfen in Peru nicht in politische Ämter gewählt werden, und Fujimoris Begnadigung bedeutet keineswegs, dass das Urteil gegen ihn aufgehoben worden wäre. Zwei Szenarien sind deshalb denkbar: Entweder könnte die Wahlkommission die Kandidatur Fujimoris kippen – oder sie doch zulassen, nach diversen Winkelzügen, wie sie in der peruanischen Politik nicht unbekannt sind.

Der peruanische Staat hat in den letzten Jahren unter politischer Instabilität gelitten, und die Wirtschaft des Landes hat unter der Corona-Krise stark gelitten. Die Armutsquote ist in den letzten Jahren wieder angestiegen, und die sozialen und regionalen Ungleichheiten sind weiterhin groß. In diesem Kontext könnte Fujimoris Kandidatur zu einer weiteren Polarisierung der peruanischen Gesellschaft führen.

Fujimori selbst hat in den letzten Jahren versucht, sein Image aufzubessern, indem er sich als Opfer der politischen Verfolgung darstellte. Seine Tochter Keiko hat sich in den letzten Jahren als eine der führenden Politikerinnen Perus etabliert und hat versucht, ihre eigene politische Karriere von der ihres Vaters zu trennen.

Die Frage, ob Fujimori tatsächlich wieder Präsident werden kann, hängt nun von der Entscheidung der Wahlkommission ab. Doch eines ist sicher: Die Kandidatur Fujimoris wird die peruanische Politik in den kommenden Monaten weiter aufwühlen.

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