19.10.2024
Reform der Bauordnung in Hessen: Schritte zur Entlastung der Bürokratie

Bürokratie: Bauordnung soll entschlackt werden

Die Diskussion um die Reform der Bauordnung in Hessen hat in den letzten Monaten an Intensität gewonnen. Fachleute und Interessengruppen fordern eine grundlegende Überarbeitung der bestehenden Vorschriften, die oft als überladen und ineffizient angesehen werden. Die Landesregierung hat signalisiert, dass sie offen für Änderungen ist und hat eine Kommission eingerichtet, die seit Mitte des Jahres an Reformvorschlägen arbeitet.

Hintergrund der Bauvorschriften

Bauvorschriften haben in erster Linie die Aufgabe, die Sicherheit und Gesundheit der Nutzer von Gebäuden zu gewährleisten. Sie sollen unter anderem verhindern, dass Gebäude einstürzen, abbrennen oder nicht den erforderlichen Umweltstandards entsprechen. Im Laufe der Jahre ist das Regelwerk jedoch kontinuierlich gewachsen, ohne dass es nennenswerte Streichungen gab. Die Hessische Bauordnung (HBO) umfasst mittlerweile 93 Paragrafen, die durch technische Ausführungsbestimmungen ergänzt werden, die in Hessen auf 581 Seiten dokumentiert sind. Hinzu kommen zahlreiche Vorschriften auf EU-, Bundes- und Kommunalebene. Die Gesamtheit dieser Vorschriften wird auf rund 20.000 geschätzt.

Die Forderungen der Fachwelt

Die Architekten- und Stadtplanerkammer hat im vergangenen Jahr ihre Mitglieder befragt, um herauszufinden, welche Maßnahmen notwendig wären, um den Bauprozess zu erleichtern. An oberster Stelle steht die Forderung nach einer Entschlackung der Bauordnung und der DIN-Normen. Die Vorschläge zielen nicht darauf ab, bestimmte Regeln vollständig abzuschaffen, sondern vielmehr darauf, die Bürokratie zu reduzieren und die Flexibilität in der Anwendung der Vorschriften zu erhöhen.

Ein zentraler Vorschlag ist die Einführung einer Beweislastumkehr. Dies würde bedeuten, dass im Einzelfall von bestehenden Normen abgewichen werden kann, sofern dies als sinnvoll erachtet wird und niemand die Abweichung in Frage stellt. Dies könnte zu mehr Flexibilität und Pragmatismus im Bauwesen führen und gleichzeitig sicherstellen, dass die grundlegenden Sicherheits- und Umweltstandards gewahrt bleiben.

Ein zermürbender Prozess

Der Weg von der Planung bis zur Fertigstellung eines Gebäudes wird von vielen als langwierig und mühsam beschrieben. Axel Tausendpfund, der Vorstand des Verbands der Südwestdeutschen Wohnungswirtschaft, hebt hervor, dass es vor allem drei große Hebel gibt, um den Bauprozess zu erleichtern:

- **Stellplätze**: Bei der Aufstockung oder dem Ausbau bestehender Gebäude müssen oft zwei Parkplätze pro neuer Wohnung bereitgestellt werden. Dies führt in städtischen Gebieten häufig zu der Notwendigkeit, Tiefgaragen zu bauen, die wiederum die Kosten in die Höhe treiben.

- **Anforderungen an Bestandsgebäude**: Wenn ein bestehendes Gebäude aufgestockt wird, sollten die aktuellen Anforderungen an Lärm- und Brandschutz nicht für die bestehenden Teile des Gebäudes gelten. Oft sind die Kosten für umfangreiche Umbauten so hoch, dass Bauherren von ihren Vorhaben Abstand nehmen.

- **„Gut ist gut genug“**: Bei bestimmten Anforderungen, wie zum Beispiel dem Schallschutz, sollte eine pragmatische Herangehensweise verfolgt werden, um die Kosten zu senken und gleichzeitig die Sicherheit zu gewährleisten.

Die Rolle der Kommission „Innovation im Bau“

Die Kommission „Innovation im Bau“ hat die Aufgabe, die Vorschläge zu sichten und die Schwerpunkte der Novellierung zu erarbeiten. Die nächste Sitzung ist für den Herbst geplant, und die Mitglieder der Kommission haben bereits angekündigt, dass sie mit Hochdruck an den Reformen arbeiten. Die Gespräche innerhalb der Kommission werden entscheidend dafür sein, wie schnell und umfassend die Bauordnung reformiert werden kann.

Ausblick und Herausforderungen

Die Diskussion über die Reform der Bauordnung in Hessen ist Teil eines größeren Trends, der darauf abzielt, die Bürokratie im Bauwesen zu reduzieren und gleichzeitig den Wohnungsbau zu fördern. Angesichts des anhaltenden Wohnraummangels in vielen Städten ist eine zügige Umsetzung der Reformen von großer Bedeutung.

Allerdings gibt es auch Herausforderungen, die eine schnelle Reform erschweren könnten. Die Vielzahl an Vorschriften und der Versuch, alle Interessen zu berücksichtigen, könnte dazu führen, dass die Reformen nicht so schnell umgesetzt werden, wie es notwendig wäre. Zudem muss sichergestellt werden, dass die neuen Regelungen sowohl die Sicherheit als auch die Umweltstandards nicht beeinträchtigen.

Fazit

Die Reform der Hessischen Bauordnung könnte einen wichtigen Schritt in Richtung eines effizienteren und flexibleren Bauwesens darstellen. Es bleibt abzuwarten, wie die Kommission „Innovation im Bau“ ihre Arbeit fortsetzen wird und welche konkreten Vorschläge letztendlich umgesetzt werden. Der Druck von Fachleuten und der Öffentlichkeit wird dabei eine entscheidende Rolle spielen. Nur durch eine ausgewogene Reform kann sichergestellt werden, dass Hessen den Anforderungen an modernen Wohnungsbau gerecht wird und gleichzeitig die Sicherheit und Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger gewährleistet bleibt.

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