19.10.2024
Regelungen zur Zwangsbehandlung: Was sagt das Gesetz?

Wo dürfen Menschen gegen ihren Willen ärztlich behandelt werden?

Grundsätzlich darf niemand gegen den eigenen, freien Willen ärztlich behandelt werden. Das schließt sogar das Recht ein, Behandlungen auch dann zu verweigern, wenn sie lebensrettend sind. Es kann aber sein, dass Menschen nicht in der Lage sind, den Sinn und Zweck der Behandlung zu verstehen, die Vor- und Nachteile abzuwägen und darauf aufbauend eine Entscheidung zu treffen.

Zu den Menschen, die gegen ihren Willen ärztlich behandelt werden können, gehören Menschen mit psychischen Krankheiten oder geistigen oder seelischen Behinderungen, zum Beispiel Demenzkranke, die eine Dialyse benötigen, aber ablehnen. In solchen Fällen kann ein Betreuer oder ein Vorsorgebevollmächtigter gegen den Willen der Person in eine Zwangsmaßnahme einwilligen.

Zu den Zwangsmaßnahmen zählen Medikamente zur Ruhigstellung, aber auch Isolierungen oder mechanische Fixierungen wie Gurte, die Menschen daran hindern, wegzulaufen. Nicht erlaubt sind ambulante ärztliche Zwangsmaßnahmen.

Das Bundesverfassungsgericht prüft nun, ob die Patienten dafür immer in eine Klinik gebracht werden müssen. Einige Betroffene empfinden es als belastend, immer wieder ins Krankenhaus zu müssen, etwa weil sie über längere Zeit Medikamente einnehmen müssen. Sie möchten, wenn schon gegen ihren Willen, dann zumindest lieber ambulant behandelt werden.

Die ausnahmslose Klinik-Pflicht ist deswegen umstritten, sowohl unter Betreuern, als auch unter Ärzten und Betroffenen. Auch der Bundesgerichtshof hält die Gesetzesvorschrift für zu eng. Die Richterinnen und Richter haben die Frage, ob die Klinik-Pflicht in ihrer jetzigen Form gegen das Grundgesetz verstößt, ihren Kolleginnen und Kollegen des Bundesverfassungsgerichts vorgelegt.

Der Gesetzgeber hat auch befürchtet: Wenn die Zwangsmaßnahme dort durchgeführt wird, wo sich das Wohn- und persönliche Umfeld des Betroffenen befindet, kann dies gerade für Menschen mit psychischen Krankheiten negative Folgen haben.

Zwangsbehandlungen müssen stationär erfolgen. Ärztliche Zwangsbehandlungen von Personen, die wegen einer Krankheit oder einer Behinderung betreut werden, sind rechtlich unter strengen Voraussetzungen möglich. Der Betreuer kann sie beantragen, ein Gericht entscheidet auf Grundlage von Gutachten, ob trotz des entgegenstehenden Willens des Patienten die Behandlung durchgeführt wird, notfalls unter Zwang.

Es geht beispielsweise um Menschen mit einer geistigen Behinderung oder psychischen Erkrankung, die die Einnahme von dringend benötigten Medikamenten verweigern. Oder um Demenzkranke, die eine Dialyse brauchen, das aber ablehnen.

Für solche ärztlichen Zwangsbehandlungen gilt strikt: Sie dürfen ausschließlich im Krankenhaus, im Rahmen eines stationären Aufenthalts stattfinden, nicht zuhause und auch nicht in Pflegeheimen oder anderen Einrichtungen.

Matthias Becker leitet einen Verein für gesetzliche Betreuung. Er unterstützt Menschen, die schwere Schicksalsschläge erleiden mussten und auf Hilfe angewiesen sind. Er kann sich eine Öffnung für den ambulanten Bereich vorstellen, wenn eine perfekte medizinische Versorgung sichergestellt ist und Patienten nach dem Gerichtsbeschluss die Behandlung doch akzeptieren:

„Grundsätzlich wäre das für alle Situationen sinnvoll, wo kein unmittelbarer Zwang angewendet werden muss.“

Thomas Pollmächer, Chefarzt am Klinikum Ingolstadt

Zwangsmaßnahmen sind vor kurzem gesetzlich geregelt worden. Juristen erläutern, was dies für die ärztliche Praxis bedeutet. Wann dürfen Patienten gegen ihren Willen behandelt werden? Welche Bedeutung haben eine Patientenverfügung und der sogenannte natürliche Wille?

Der Bundesgerichtshof hatte im Juni 2012 entschieden, dass die bestehende rechtliche Regelung zur Zwangsbehandlung nicht ausreichend sei. Mit dem "Gesetz zur Regelung der betreuungsrechtlichen Einwilligung in ärztliche Zwangsmaßnahmen" hat der Gesetzgeber im Februar die Vorgaben der Rechtsprechung umgesetzt und im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) die Zwangsbehandlung als ultima ratio geregelt. Entsprechende Veränderungen in den Landesgesetzen stehen noch aus.

Prof. Dr. jur. Volker Lipp, Georg-August-Universität Göttingen, erläuterte die Grundzüge dieses Gesetzes. Wie jede ärztliche Behandlung setzt eine Zwangsbehandlung voraus, dass sie aus ärztlicher Sicht auch unter der Bedingung ihrer zwangsweisen Durchführung medizinisch indiziert ist. Der Arzt habe dem Patienten die Umstände der Behandlung in verständlicher Weise zu erläutern, vor allem die Diagnose, die voraussichtliche gesundheitliche Entwicklung, die Therapie und die zu ergreifenden Maßnahmen. Diese Pflicht bestehe gegenüber jedem Patienten, auch dann, wenn er einwilligungsunfähig ist.

Zwangsbehandlungen sollten ultima ratio bleiben. Das fordern Juristen und auch die Zentrale Ethikkommission bei der Bundesärztekammer. Foto: laif

Zwangsmaßnahmen sind vor kurzem gesetzlich geregelt worden. Juristen erläutern, was dies für die ärztliche Praxis bedeutet. Wann dürfen Patienten gegen ihren Willen behandelt werden? Welche Bedeutung haben eine Patientenverfügung und der sogenannte natürliche Wille?

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Prof. Dr. jur. Volker Lipp, Georg-August-Universität Göttingen, erläuterte die Grundzüge dieses Gesetzes. Wie jede ärztliche Behandlung setzt eine Zwangsbehandlung voraus, dass sie aus ärztlicher Sicht auch unter der Bedingung ihrer zwangsweisen Durchführung medizinisch indiziert ist. Der Arzt habe dem Patienten die Umstände der Behandlung in verständlicher Weise zu erläutern, vor allem die Diagnose, die voraussichtliche gesundheitliche Entwicklung, die Therapie und die zu ergreifenden Maßnahmen. Diese Pflicht bestehe gegenüber jedem Patienten, auch dann, wenn er einwilligungsunfähig ist.

Zwangsbehandlungen sollten ultima ratio bleiben. Das fordern Juristen und auch die Zentrale Ethikkommission bei der Bundesärztekammer. Foto: laif

Zwangsmaßnahmen sind vor kurzem gesetzlich geregelt worden. Juristen erläutern, was dies für die ärztliche Praxis bedeutet. Wann dürfen Patienten gegen ihren Willen behandelt werden? Welche Bedeutung haben eine Patientenverfügung und der sogenannte natürliche Wille?

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