Frankreichs politische Instabilität: Ein warnendes Beispiel für Deutschland?
Der Fall der französischen Regierung unter Premierminister Michel Barnier durch ein gemeinsames Vorgehen von Rechts- und Linksextremen wirft Fragen zur Stabilität demokratischer Systeme auf und bietet auch Deutschland Anlass zum Nachdenken. Wie die
FAZ berichtet, wurde die Minderheitsregierung Barnier, die aus Zentristen und Konservativen bestand, trotz fehlender eigener Mehrheit durch die vereinten Stimmen der extremen Parteien in der Nationalversammlung gestürzt. Dies gelang durch die Zustimmung der gemäßigten Linken zum Antrag der extremen Linken. In einem
FAZ-Kommentar von Gerald Braunberger wird dies als warnendes Beispiel für die deutsche Politik gedeutet.
Präsident Macron hatte die letztlich gescheiterte Regierungskoalition unter anderem mit dem Ziel gebildet, seine wirtschaftspolitischen Reformen, darunter eine Rentenreform und Maßnahmen zur Stärkung des Wirtschaftsstandortes, vor Angriffen der Linken zu schützen. Diese Maßnahmen hatten zuvor zu einem Zuwachs an ausländischen Direktinvestitionen geführt. Doch wie Niklas Záboji, Wirtschaftskorrespondent der
F.A.Z. in Paris, berichtet, stiegen aufgrund der politischen Instabilität die Zweifel an der Kreditwürdigkeit Frankreichs, was sich in erhöhten Risikoaufschlägen auf französische Staatsanleihen im Vergleich zu deutschen Anleihen widerspiegelte.
Macrons politisches Konstrukt erforderte die Duldung der Regierung Barnier durch das rechtsextreme Rassemblement National. Marine Le Pen strebt jedoch die volle Macht an und schreckt, wie die Ereignisse zeigen, auch nicht vor einem vorübergehenden Bündnis mit der extremen Linken zurück. Das
ZDFheute Update vom 3. Dezember 2024 analysiert die Situation als „doppelte Krise“ für Frankreich, da neben der politischen Instabilität auch die hohe Staatsverschuldung von über 3.220 Milliarden Euro das Land belastet. Premierminister Barnier hatte versucht, das Haushaltsdefizit zu reduzieren, doch das Misstrauensvotum des RN, unterstützt von den Linksparteien, machte diese Bemühungen zunichte.
Obwohl die von Barnier befürchteten Turbulenzen an den Finanzmärkten laut
FAZ bisher ausblieben, da der Haushalt 2024 weiterhin gültig ist und Macron voraussichtlich zeitnah einen neuen Premierminister ernennen wird, bleibt eine Krise an den Finanzmärkten nicht ausgeschlossen. Ein aufgrund der hohen Staatsverschuldung scheinbar unvermeidlicher finanzpolitischer Kurswechsel könnte unpopulär sein und den extremen Parteien weiteren Zulauf bescheren.
Die
FAZ schlussfolgert aus dem französischen Beispiel, dass auch in Deutschland gemäßigte Parteien von einer Zusammenarbeit mit extremen Kräften nichts Gutes erwarten können. Während Le Pen ihren Frieden mit der EU und dem Euro gemacht habe, sei die AfD davon weit entfernt. Die Vorstellung einer bürgerlichen Mehrheit aus Union und AfD sei daher unrealistisch. Ähnlich argumentiert Gerald Braunberger in seinem
FAZ-Kommentar. Er hebt den Unterschied zwischen dem Rassemblement National und der AfD hervor, wobei letztere eine deutlich ausgeprägtere Russland-Nähe zeige und die EU sowie den Euro ablehne.
stern.de berichtet am 2. Dezember 2024, dass die Regierung Barnier kurz vor der Abstimmung über den Sozialhaushalt weiteren Forderungen der Rechtspopulisten nachgegeben habe, um einen Regierungssturz zu verhindern. So sollen die Zuzahlungen für Medikamente im kommenden Jahr unverändert bleiben.
stern.de zitiert einen Beamten des Haushaltsministeriums, der erklärte, Barnier habe nicht auf die Forderung der 11 Millionen Wähler der Rallye Nationale eingehen wollen.
Finanzmarktwelt.de meldet am 3. Dezember 2024, dass die französische Regierung kurz vor dem Zusammenbruch stehe. Die Parteien, die Barnier unterstützen, seien nicht stark genug, um ein gemeinsames Vorgehen von Le Pens Rassemblement National und der Linkskoalition zu verhindern. Barnier habe versucht, Le Pen zu beschwichtigen, indem er einen Vorschlag zur Kürzung der Medikamentenrückerstattungen fallen ließ, nachdem er bereits in der Vorwoche ihrer Forderung nach einem Verzicht auf eine Erhöhung der Stromsteuer nachgegeben hatte.
Quellen:
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FAZ.NET: Deutschland kann aus dem Sturz Barniers einiges lernen
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F.A.Z.: Wie es um Frankreichs Wirtschaft bestellt ist
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ZDFheute Update: Grande Crise und Aufräumen bei der AfD
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Finanzmarktwelt.de: Frankreich am „Moment der Wahrheit“ – Regierung vor dem Kollaps
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stern.de: Frankreichs Regierung unter Druck: Premier macht Zugeständnis an Rechtspopulisten
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Table.Media: Wie es für Macron weitergeht + EVP-Autopapier
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ZEIT ONLINE: Frankreich
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