19.10.2024
Rettungspläne für die Meyer-Werft: Niedersachsen und Bund im Einsatz

Niedersachsen: Wie der Staat die größte Werft Deutschlands retten will

Die Meyer-Werft in Papenburg, eine der größten und traditionsreichsten Werften Deutschlands, steht vor einer existenziellen Krise. Mit einem Bedarf von fast 2,8 Milliarden Euro bis zum Jahr 2027 ist die Werft auf staatliche Unterstützung angewiesen, um ihre finanziellen Schwierigkeiten zu überwinden. Bundeskanzler Olaf Scholz und der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil haben ihre Bereitschaft signalisiert, den betroffenen Standort zu unterstützen und die Werft zu retten.

Hintergrund der Krise

Die Meyer-Werft hat in den letzten Jahren mit erheblichen Herausforderungen zu kämpfen gehabt, insbesondere aufgrund der Auswirkungen der Corona-Pandemie. Diese haben dazu geführt, dass die Auftragslage zwar stabil ist, jedoch die finanziellen Mittel zur Vorfinanzierung der Aufträge fehlen. In der Schiffbauindustrie ist es üblich, dass 80 Prozent des Kaufpreises erst bei der Auslieferung fällig werden, was die Werft in eine prekäre Lage bringt. Derzeit sind die Auftragsbücher der Werft prall gefüllt, mit Aufträgen im Wert von über 11 Milliarden Euro, darunter ein bedeutender Vertrag mit der Disney Cruise Line über vier neue Kreuzfahrtschiffe.

Politische Unterstützung

Olaf Scholz betonte bei einem Besuch in der Werft, dass der Bund seinen Teil zur Lösung der Probleme beitragen werde. Er bezeichnete die Meyer-Werft als ein „industrielles Kronjuwel“ und hob hervor, dass die maritime Wirtschaft für Deutschland von großer Bedeutung sei. Scholz erklärte, dass es nie eine Frage gewesen sei, ob der Bund helfen würde, sondern nur wie.

Ministerpräsident Weil warnte jedoch vor übermäßigem Optimismus und stellte klar, dass die Verhandlungen noch nicht abgeschlossen sind. Er bezeichnete die Situation als das größte Engagement, das Niedersachsen jemals für die Rettung eines Unternehmens übernommen hat. Die genaue Ausgestaltung der Unterstützung, die sowohl Eigenkapitalerhöhungen als auch Bürgschaften umfassen könnte, muss noch mit den zuständigen Gremien abgestimmt werden.

Details des Rettungsplans

Die vorläufigen Pläne sehen vor, dass der Bund und das Land Niedersachsen zusammen rund 400 Millionen Euro in Form von Eigenkapital bereitstellen. Darüber hinaus sollen beide Seiten mit jeweils etwa 900 Millionen Euro bürgen, um die notwendigen Bankkredite abzusichern. Dies würde es der Werft ermöglichen, die erforderlichen finanziellen Mittel zu mobilisieren, um ihre laufenden Projekte zu finanzieren und gleichzeitig die Arbeitsplätze von über 3.000 direkten Mitarbeitern und weiteren 18.000 indirekt abhängigen Beschäftigten zu sichern.

Ein wesentlicher Bestandteil des Plans ist auch, dass die Familie Meyer weiterhin im Aufsichtsrat vertreten bleibt und ein Rückkaufsrecht für die Anteile an der Werft behält. Dies könnte dazu beitragen, die langfristige Stabilität und die Verbindung zur Tradition des Unternehmens zu gewährleisten.

Wirtschaftliche Bedeutung der Meyer-Werft

Die Meyer-Werft spielt eine zentrale Rolle in der Wirtschaft Niedersachsens und darüber hinaus. Der Standort in Papenburg ist nicht nur ein bedeutender Arbeitgeber, sondern auch ein wichtiger Akteur in der maritimen Industrie. Ein Aus der Werft hätte weitreichende Folgen für die Region, insbesondere angesichts der Tatsache, dass viele Zulieferer und Dienstleister von der Werft abhängig sind. Die Werft hat in der Vergangenheit erhebliche Steuern und Sozialversicherungsbeiträge gezahlt, was ihre Bedeutung für die lokale und nationale Wirtschaft unterstreicht.

Ausblick

Die Verhandlungen über die Rettungsmaßnahmen müssen bis Mitte September abgeschlossen sein, da die Werft dringend finanzielle Mittel benötigt, um ihre Löhne und laufenden Kosten zu decken. Die Unterstützung von Bund und Land könnte nicht nur die Meyer-Werft selbst retten, sondern auch einen wichtigen Beitrag zur Stabilität der gesamten maritimen Wirtschaft in Deutschland leisten.

Insgesamt bleibt abzuwarten, wie sich die Situation entwickeln wird und ob die politischen Entscheidungsträger in der Lage sind, eine tragfähige Lösung zu finden, die sowohl die Interessen der Werft als auch die der Beschäftigten berücksichtigt. Die kommenden Wochen werden entscheidend sein, um die Zukunft der Meyer-Werft und ihrer Mitarbeiter zu sichern.

Quellen: Süddeutsche Zeitung, NDR, Deutsche Welle, Handelsblatt.

Weitere
Artikel