Der Stuttgarter Anwalt Eckart Seith muss sich in Zürich erneut einem Gerichtsverfahren stellen. Wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung (F.A.Z.) berichtet, beginnt am Montag die Fortsetzung eines Berufungsverfahrens. Ihm werden Wirtschaftsspionage und Verstöße gegen das Schweizer Bankengesetz vorgeworfen. Seith und zwei ehemalige Mitarbeiter der Bank J. Safra Sarasin waren in dieser Sache bereits 2022 freigesprochen worden. Dieser Freispruch wurde jedoch vom Bundesgericht in Lausanne auf Beschwerde der Zürcher Oberstaatsanwaltschaft aufgehoben. Im ersten Prozess hatte die Staatsanwaltschaft eine Freiheitsstrafe von dreieinhalb Jahren für Seith gefordert.
In Deutschland gilt Seith als wichtiger Whistleblower im Cum-Ex-Skandal. Laut F.A.Z. konnten durch seine Hinweise mindestens 460 Millionen Euro an Steuergeldern zurückgewonnen werden. Die Cum-Ex-Geschäfte, an denen auch Schweizer Banken beteiligt waren, beruhten auf der mehrfachen Erstattung von Kapitalertragssteuern durch komplexe Transaktionen von Aktien mit (Cum) und ohne (Ex) Dividendenanspruch.
Seith wurde durch seinen Mandanten, den Drogerieunternehmer Erwin Müller, auf die Aktiengeschäfte der Bank J. Safra Sarasin aufmerksam. Im März 2013 erhielt Seith bei einem Treffen in Schaffhausen interne Bankunterlagen, darunter ein Gutachten der Kanzlei Freshfields, das die Rechtswidrigkeit der Geschäfte nahelegte. Die beiden damaligen Gesprächspartner Seiths, ehemalige Mitarbeiter der Bank Sarasin, sind ebenfalls angeklagt. Die F.A.Z. berichtet, dass das Obergericht Zürich eine erste Gerichtsentscheidung im Jahr 2022 aufgrund der Befangenheit des ermittelnden Staatsanwalts aufgehoben hatte, wodurch viele Beweise gegen Seith nicht mehr zulässig waren.
Seith erhält Unterstützung von verschiedenen Seiten, darunter von der Bürgerbewegung Finanzwende, die eine Solidaritätskampagne plant. Anne Brorhilker, ehemalige Oberstaatsanwältin in Köln und Ko-Geschäftsführerin der Finanzwende, äußerte gegenüber der F.A.Z. ihr Unverständnis über die erneute Anklage gegen Seith. Seith habe, so Brorhilker, ein europaweites Netzwerk von Banken aufgedeckt, die mit kriminellen Geschäften in verschiedenen Ländern Schäden verursacht hätten. Auch die Schweiz stufe Cum-Ex-Geschäfte mittlerweile als illegal ein.
Seiths Verteidigung wird unter anderem durch den ehemaligen Justizminister von Nordrhein-Westfalen, Peter Biesenbach, unterstützt. Biesenbach hatte sich, wie auch der ehemalige SPD-Vorsitzende Norbert Walter-Borjans, für die strafrechtliche Verfolgung von Cum-Ex-Geschäften eingesetzt und engagiert sich nun bei der Finanzwende. Das Obergericht Zürich hat zwei Verhandlungstage angesetzt und erwartet laut F.A.Z. ein Urteil im Januar.
Quellen: