September 25, 2024
Selenskyj fordert internationale Einheit zur Beendigung des Krieges

Die Lage im Überblick: Selenskyj: Müssen Moskau zu einem Ende des Kriegs zwingen

New York/Kiew – Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat im UN-Sicherheitsrat eindringlich an seine internationalen Verbündeten appelliert, gemeinsam ein Ende des russischen Angriffskrieges zu erzwingen. In seiner Rede betonte Selenskyj, dass Kremlchef Wladimir Putin „so viele internationale Gesetze und Regeln gebrochen hat, dass er nicht von allein damit aufhören wird. Russland kann nur zum Frieden gezwungen werden, und genau das ist nötig“. Diese Äußerungen fielen während einer Sitzung des höchsten Gremiums der Vereinten Nationen in New York, wo Selenskyj auch in der UN-Generaldebatte das Wort ergreifen wird, um politische und militärische Unterstützung für sein Land zu mobilisieren.

Währenddessen erreichten die Ukraine besorgniserregende Nachrichten aus der Heimat. Nach einem russischen Luftangriff mit Gleitbomben auf die Stadt Charkiw stieg die Zahl der Opfer bis Dienstagabend auf mindestens drei Tote und 34 Verletzte. Bei den Bodenkämpfen im Osten der Ukraine stehen die ukrainischen Verteidiger weiterhin unter erheblichem Druck, während russische Truppen an der Stadt Wuhledar im Gebiet Donezk vorrücken und drohen, diese einzukreisen. In der Nacht auf Mittwoch wurde in der Osthälfte der Ukraine Luftalarm ausgelöst, und in den Gebieten Sumy, Poltawa sowie in der Hafenstadt Odessa waren Explosionen zu hören.

Selenskyj arbeitet auf Siegesplan hin

Selenskyj nutzte seinen Auftritt im UN-Sicherheitsrat, um eine diplomatische Initiative vorzubereiten, die das Ziel seiner US-Reise ist. Er plant, am Donnerstag beim scheidenden US-Präsidenten Joe Biden einen Plan vorzustellen, wie ein Sieg der Ukraine und ein gerechter Frieden erreicht werden kann. Auch die möglichen Nachfolger Kamala Harris und Donald Trump sollen in die Gespräche einbezogen werden.

In seiner Rede erklärte Selenskyj, dass Russland mit dem Krieg ein internationales Verbrechen begehe. „Deshalb kann dieser Krieg nicht einfach verschwinden. Deshalb kann dieser Krieg nicht durch Gespräche beruhigt werden. Es muss gehandelt werden“, so der ukrainische Präsident. Er äußerte seine Dankbarkeit gegenüber allen Nationen, die auf eine Weise helfen, die das Leben der Menschen in der Ukraine rettet. Während seiner Ansprache blätterte der russische Botschafter Wassili Nebensja demonstrativ in seinen Unterlagen und schaute auf sein Handy. In seiner Erwiderung warf Nebensja Selenskyj vor, sein eigenes Land und Volk zu zerstören.

Ukraine will keine vorübergehende Besatzung akzeptieren

Die genauen Schritte, die Selenskyj vorschlagen möchte, sind bislang nicht bekannt. Jedoch umfasst sein Ansatz die Forderung nach einem NATO-Beitritt der Ukraine, wie Selenskyjs Stabschef Andrij Jermak in New York erklärte. Ein weiterer „obligatorischer Punkt“ sei, dass die Ukraine auf dem Weg zu einem Frieden keine vorübergehende russische Besatzung ihrer Gebiete akzeptieren werde. Das Außenministerium in Kiew stellte klar, dass Russland vollständig aus dem international anerkannten Hoheitsgebiet der Ukraine abziehen müsse. Derzeit hält Russland etwa ein Fünftel des ukrainischen Territoriums besetzt und beansprucht mindestens fünf Verwaltungsgebiete im Südosten des Landes sowie die seit 2014 annektierte Halbinsel Krim.

Militärisch bittet die Ukraine seit Monaten die USA, die Beschränkungen für den Einsatz gelieferter Waffen bis mehrere hundert Kilometer tief nach Russland hinein aufzuheben. In diesen Gebieten liegen Munitionsdepots, Kommandostellen und Luftwaffenstützpunkte, von denen aus russische Kampfjets zu Bombenabwürfen auf die Ukraine starten. Selenskyjs Überlegungen könnten auch die Besetzung von etwa 1000 Quadratkilometern im russischen Gebiet Kursk durch seine Armee als Druckmittel für die Räumung ukrainischer Gebiete beinhalten.

Bombentreffer auf Charkiw

Durch den Einschlag mehrerer russischer Gleitbomben in der ostukrainischen Großstadt Charkiw gab es zivile Opfer. „Die Ziele russischer Bomben sind ein Wohnhaus, eine Brotfabrik, ein Stadion. Das heißt, das normale Leben einfacher Leute“, schrieb Selenskyj auf Telegram. Mindestens drei Menschen wurden getötet, und es gab 34 Verletzte. Bürgermeister Ihor Terechow berichtete von Bombeneinschlägen in vier Stadtvierteln und von zwei beschädigten Hochhäusern. Charkiw liegt nur etwas mehr als 20 Kilometer von der russischen Grenze entfernt und wird nahezu täglich vom russischen Militär mit Raketen und Bomben angegriffen.

Russlands Haushalt 2025 auf Krieg ausgerichtet

Ungeachtet westlicher Sanktionen plant Russland bei seiner Haushaltsplanung für 2025 hohe Einnahmen aus Öl- und Gasverkäufen. Ministerpräsident Michail Mischustin erklärte in Moskau, die staatlichen Einnahmen sollten um 12 Prozent auf 40,3 Billionen Rubel (etwa 390 Milliarden Euro) steigen. Der Anteil des Energiesektors an den Einnahmen werde auf knapp drei Viertel wachsen. Die Ausgabenseite soll weniger stark wachsen auf 41,4 Billionen Rubel (etwa 400 Milliarden Euro), was ein Defizit von 0,5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes erwarten lässt.

Nach Medienberichten ist der zukünftige Haushalt auch auf den Krieg gegen die Ukraine und eine große Rüstungsproduktion ausgerichtet. Für das Militär sind 13,2 Billionen Rubel eingeplant, was bedeutet, dass insgesamt 40 Prozent aller Ausgaben für Verteidigung und Sicherheit vorgesehen sind – mehr als die Ausgaben für Bildung, Gesundheit, Soziales und Wirtschaft in Russland zusammen.

Das wird heute wichtig

Im Rahmen der UN-Generaldebatte in New York werden unter anderem Selenskyj und der französische Präsident Emmanuel Macron sprechen. Die internationale Gemeinschaft wird die Entwicklungen im Ukraine-Konflikt weiterhin aufmerksam verfolgen.

© dpa-infocom, dpa

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