4.11.2024
Soli-Streit Vor Gericht

Schlagen die Richter beim Soli zu?

Die Zukunft des Solidaritätszuschlags (Soli) liegt in den Händen des Bundesverfassungsgerichts. Am 12. November 2024 verhandelt das höchste deutsche Gericht über die Verfassungsmäßigkeit der Abgabe. Wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) berichtet, stellt die Verhandlung die Ampel-Koalition vor eine Zerreißprobe, da insbesondere Finanzminister Christian Lindner (FDP) ein erklärter Gegner des Soli ist. Die Klage wurde von sechs FDP-Politikern eingereicht, darunter prominente Namen wie Florian Toncar, Katja Hessel und Christian Dürr. Ironischerweise muss Lindners Ministerium den Soli nun vor Gericht verteidigen, eine Aufgabe, die voraussichtlich Staatssekretärin Luise Hölscher übernehmen wird.

Der Soli wurde Mitte der 1990er Jahre eingeführt, um die Kosten der deutschen Wiedervereinigung zu stemmen. Nach dem formalen Auslaufen des Solidarpakts II Ende 2019 reformierte der damalige Finanzminister Olaf Scholz (SPD) den Soli. Neun von zehn Steuerzahlern wurden befreit, wodurch das Aufkommen etwa halbiert wurde. Aktuell spült der Soli noch rund 12 Milliarden Euro jährlich in die Kassen des Bundes.

Die sechs FDP-Abgeordneten argumentieren, der Soli sei nach dem Auslaufen des Solidarpakts II verfassungswidrig. Sie sehen in ihm eine "versteckte Reichensteuer", da er die ohnehin progressive Einkommensteuer zusätzlich verschärft. Wie die FAZ weiter ausführt, geht es in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverfassungsgericht um zwei zentrale Fragen: Ist die Verfassungsbeschwerde zulässig und ist sie begründet?

Die Kläger kritisieren, dass der Soli nur noch von einem kleinen Kreis von Steuerpflichtigen erhoben wird. Sie verweisen auf die ursprüngliche Begründung des Soli, die ein "solidarisches finanzielles Opfer aller Bevölkerungsgruppen" forderte. Die heutige Freigrenze von 18.130 Euro für Einzelveranlagte bzw. 36.260 Euro für Ehepaare sehen sie als Verstoß gegen dieses Prinzip.

Der Tagesspiegel berichtete bereits im März 2024 über das drohende Milliardenrisiko für den Bund, sollte das Bundesverfassungsgericht den Soli kippen. Auch der Deutschlandfunk kommentierte die Situation und bezeichnete die FDP in Bezug auf den Soli als "schwer berechenbar". Der Sender erinnerte daran, dass Lindner Beamte seines Ministeriums nicht zu einer Verhandlung vor dem Bundesfinanzhof geschickt hatte, um den Soli nicht verteidigen zu müssen.

Der Bundesfinanzhof hatte im Januar 2023 in einem anderen Verfahren die Klage eines Ehepaares gegen den Soli abgewiesen und ihn für verfassungskonform erklärt. Wie die Tagesschau damals berichtete, argumentierten die Kläger, der Soli habe seinen ursprünglichen Zweck verloren. Die Richter sahen dies jedoch anders und bestätigten das Recht des Bundes, den Soli auch ohne Solidarpakt zu erheben. Auch der Vorwurf eines Verstoßes gegen den Gleichheitsgrundsatz wurde zurückgewiesen.

Die FDP bekräftigt auf ihrer Webseite weiterhin ihre Forderung nach einer vollständigen Abschaffung des Soli. Sie sieht darin eine wichtige Maßnahme zur Stärkung des Wirtschaftsstandorts Deutschland.

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