Das Münchner Volkstheater verwandelte sich am vergangenen Freitag in ein lebendiges Forum für den Austausch zwischen Journalismus und Leserschaft. Die Süddeutsche Zeitung lud zur "Nacht der Autorinnen und Autoren" und bot ein vielfältiges Programm, das von politischen Analysen bis hin zu persönlichen Einblicken in die Lebenswelt von Korrespondenten reichte.
Im Mittelpunkt des Abends stand die Frage nach der gesellschaftlichen Spaltung, die sich wie ein roter Faden durch die verschiedenen Veranstaltungen zog. "Wie kann das gehen, dass ein Land so gespalten wird?", fragte Stefan Kornelius, Leiter des Politikressorts, mit Blick auf den bevorstehenden US-Wahlkampf. Gemeinsam mit Podcast-Redakteurin Nadja Schlüter analysierte er die politische Polarisierung in den USA und zeigte auf, wie sehr diese auch durch bewusste Verzerrungen im Wahlsystem verstärkt wird.
Eindrücke aus einem tief gespaltenen Land schilderten die beiden US-Korrespondenten Peter Burghardt und Boris Herrmann, die per Videoschalte zugeschaltet waren. Burghardt berichtete von seiner Reise in den umkämpften Swing-State Arizona, wo die Anspannung vor der Wahl deutlich spürbar sei. Sogar Scharfschützen auf dem Dach des Wahllokals seien dort im Gespräch, falls die Situation eskalieren sollte.
Weniger alarmierend, aber nicht weniger eindrücklich waren die Schilderungen der SZ-Korrespondenten David Pfeifer (Indien und Südostasien) und Lea Sahay (China) auf Bühne zwei. Pfeifer gab Einblicke in seinen Alltag in Bangkok, während Sahay von den wachsenden Repressionen gegen Journalisten in China berichtete. "Uns in Deutschland ist gar nicht bewusst, wie wenig wir aus dem Land mittlerweile noch wissen", so Sahay.
Die zunehmende Schwierigkeit, unter den Bedingungen eines autoritären Regimes zu arbeiten, schilderte auch Silke Bigalke, die aus Moskau zugeschaltet war. "In Deutschland unterschätzt man, wie viel Rückhalt Putin in Russland hat", so Bigalke. Die meisten Russen, die anders denken, hätten das Land bereits verlassen.
Doch nicht nur die großen weltpolitischen Themen bewegten die Besucherinnen und Besucher der "Nacht der Autorinnen und Autoren". Auch persönliche Geschichten und Einblicke in die Lebenswelt von Menschen mit prominentem Familienhintergrund kamen nicht zu kurz. So sprach Susanne Seehofer, Tochter des ehemaligen bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer und selbst FDP-Politikerin, in einer Live-Aufnahme für den Podcast "München persönlich" über ihren Werdegang und ihr Verhältnis zur Politik.
Gloria-Sophie Burkandt, Tochter des amtierenden Ministerpräsidenten Markus Söder, betonte im Gespräch mit SZ-Ressortleiter René Hofmann, kein "Daddy's Girl" zu sein. Sie sei ein Freigeist und habe schon immer ihren eigenen Weg gegangen. Ihren Vater, von dem sie getrennt aufgewachsen sei, erlebe sie "lustig und super entspannt, daheim in Jogginghose".
In einer Podiumsdiskussion über die Meinungsbeiträge der SZ drehte sich das Gespräch schnell um die Rolle der sozialen Medien und die zunehmende Schärfe der öffentlichen Debatten. "Unsere Antwort auf die sozialen Medien kann nicht sein, lauter zu sein und in den Chor der Empörten einzustimmen", sagte Chefredakteurin Judith Wittwer.
Der Investigativ-Journalist Georg Mascolo warnte in diesem Zusammenhang vor einer zunehmenden Polarisierung der deutschen Medienlandschaft. "Möglicherweise sind die Striche ein bisschen blasser, aber die Zeichen sind alle an der Wand", so Mascolo. Als Journalist müsse man sich deshalb weiterhin um eine möglichst wahrhaftige Berichterstattung bemühen.
Wie tief die Gräben innerhalb der Gesellschaft bereits sind, zeigte sich in der Diskussion über die Wahlerfolge von AfD und BSW in drei ostdeutschen Bundesländern. Das Auftreten der AfD-Abgeordneten im Bundestag, so der Parlamentskorrespondent Roland Preuss, sei "nicht mehr politische Gegnerschaft, sondern politische Feindschaft".
Die "Nacht der Autorinnen und Autoren" der Süddeutschen Zeitung bot den Besucherinnen und Besuchern einen Abend lang die Möglichkeit, mit Journalistinnen und Journalisten ins Gespräch zu kommen, hinter die Kulissen des Zeitungsmachens zu blicken und mehr über die Menschen zu erfahren, die die Zeitung täglich mit Leben füllen. Trotz aller Ernsthaftigkeit der Themen kam dabei auch der Humor nicht zu kurz. So wurde der Abend zu einem gelungenen Beispiel für die lebendige Auseinandersetzung mit aktuellen Fragen und gesellschaftlichen Herausforderungen.
Weitere Informationen zur Veranstaltung finden Sie unter: https://sz-erleben.sueddeutsche.de/pages/nacht-der-autorinnen-und-autoren-2024Munich