19.10.2024
Thüringen nach der Wahl: Wege zur Regierungsbildung im politischen Patt

Nach der Landtagswahl: Wie lässt sich Thüringen regieren?

Die Landtagswahl in Thüringen hat ein politisches Patt hinterlassen, das die künftige Regierungsbildung erheblich erschwert. Die Alternative für Deutschland (AfD) hat sich als stärkste Kraft etabliert, während die Christlich Demokratische Union (CDU) den zweiten Platz belegt. Die Regierungsbildung gestaltet sich als äußerst komplex, vor allem aufgrund der Sperrminorität der AfD, die es dieser ermöglicht, wichtige Entscheidungen zu blockieren.

Die Ausgangslage

Die AfD hat bei der Wahl in Thüringen ein Rekordergebnis erzielt und wird voraussichtlich 32 Sitze im neuen Landtag einnehmen. Die CDU folgt mit 23 Sitzen, während das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) mit 15 Sitzen drittstärkste Kraft wird. Die Linkspartei kommt auf 12 Sitze und die SPD auf 6. Diese Verteilung führt dazu, dass eine klare Mehrheit von 45 Sitzen für eine stabile Regierung fehlt, was die Verhandlungen über mögliche Koalitionen erschwert.

Koalitionsmöglichkeiten und Herausforderungen

Die CDU, angeführt von Mario Voigt, hat bereits angekündigt, Gespräche mit der SPD und dem BSW führen zu wollen. Allerdings könnte eine solche Koalition aus CDU, BSW und SPD mit insgesamt 44 Sitzen nicht ausreichen, um eine Mehrheit zu bilden. Ein Bündnis mit der Linkspartei wäre rechnerisch möglich, jedoch steht dem ein Unvereinbarkeitsbeschluss der CDU entgegen, der eine Zusammenarbeit mit der Linkspartei ausschließt.

Die BSW-Parteichefin Sahra Wagenknecht hat zudem Bedingungen für eine mögliche Zusammenarbeit aufgestellt, die unter anderem eine Ablehnung von Waffenlieferungen an die Ukraine und eine klare Positionierung gegen die Stationierung von US-Mittelstreckenraketen in Deutschland umfassen. Diese Forderungen könnten die Verhandlungen zusätzlich komplizieren.

Die Rolle der AfD

Die AfD hat durch ihre Sperrminorität die Möglichkeit, wichtige Entscheidungen im Landtag zu blockieren, insbesondere solche, die eine Zweidrittelmehrheit erfordern, wie die Wahl von Landesverfassungsrichtern oder Änderungen der Landesverfassung. Dies könnte dazu führen, dass die Regierungsbildung sich über einen längeren Zeitraum hinzieht, da die anderen Parteien darauf angewiesen sind, Kompromisse zu finden, um die AfD nicht in eine stärkere Position zu bringen.

AfD-Spitzenkandidat Björn Höcke hat bereits Anspruch auf eine Regierungsbeteiligung erhoben und betont, dass stabile Verhältnisse in Thüringen ohne die Einbeziehung der AfD nicht möglich seien. Allerdings haben alle anderen Parteien eine Zusammenarbeit mit der AfD ausgeschlossen, was die politische Landschaft in Thüringen weiter polarisiert.

Der Weg zur neuen Regierung

Der neue Landtag muss innerhalb von 30 Tagen nach der Wahl zusammentreten. Bis zur ersten Sitzung bleibt die alte Regierung unter Ministerpräsident Bodo Ramelow im Amt. Dies gibt den Parteien etwas Zeit, um ihre Verhandlungen zu führen. Die erste Sitzung wird vom Alterspräsidenten geleitet, und die Wahl des neuen Landtagspräsidenten ist entscheidend, da dieser die Sitzung einberuft, in der der Ministerpräsident gewählt wird.

Die Wahl des Ministerpräsidenten könnte sich als besonders heikel erweisen, da im ersten und zweiten Wahlgang eine absolute Mehrheit erforderlich ist, während im dritten Wahlgang die relative Mehrheit ausreicht. Hierbei könnte die AfD versuchen, durch ihre Stimmen Einfluss auf die Wahl zu nehmen, was Erinnerungen an die umstrittene Wahl von Thomas Kemmerich im Jahr 2020 weckt.

Fazit

Die politische Situation in Thüringen ist nach der Landtagswahl angespannt und ungewiss. Die Herausforderungen bei der Regierungsbildung sind erheblich, und die Parteien müssen sorgfältig abwägen, wie sie mit der AfD umgehen. Die kommenden Wochen werden entscheidend dafür sein, wie sich die politische Landschaft in Thüringen entwickeln wird und ob es den Parteien gelingt, eine stabile Regierung zu bilden, die den Anforderungen der Wähler gerecht wird.

Quellen: F.A.Z., Tagesschau, MDR, ZDF.

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