19.10.2024
Tönnies übernimmt Rindfleischschlachter und stärkt Marktposition

Fleischindustrie: Tönnies kauft Rindfleischschlachter

In einem bedeutenden Schritt für die deutsche Fleischindustrie hat das Unternehmen Tönnies, bekannt als größter Schweineschlachter des Landes, eine Vereinbarung zur Übernahme von Rindfleischschlachtereien des niederländischen Konkurrenten Vion getroffen. Diese Transaktion könnte Tönnies nicht nur zur Nummer eins im Rindfleischgeschäft machen, sondern auch die Branche in eine neue Phase der Konsolidierung führen.

Übernahme von Vion-Standorten

Die Übernahme umfasst mehrere Standorte in Süddeutschland, darunter die Rinderschlachthöfe in Buchloe, Crailsheim und Waldkraiburg sowie einen Zerlegebetrieb in Hilden. Darüber hinaus werden zwei Fabriken zur Verarbeitung von Häuten in Memmingen und Eching-Weichenau Teil des Tönnies-Portfolios. Vion hat angekündigt, sich aus dem schwierigen deutschen Markt zurückzuziehen, was den Verkauf seiner Rindfleischstandorte an Tönnies zur logischen Konsequenz macht.

Die Grundsatzvereinbarung wurde bereits unterzeichnet, jedoch steht die endgültige Genehmigung durch die Kartellbehörden noch aus. Vion-Chef Ronald Lotgerink bezeichnete die Transaktion als „wichtigen Schritt in der strategischen Neuausrichtung“ des Unternehmens, das seine Investitionen auf die verbleibenden Geschäftsbereiche konzentrieren möchte.

Marktveränderungen und Konsolidierung

Die Übernahme hat das Potenzial, die Marktlandschaft erheblich zu verändern. Tönnies, das derzeit bereits etwa 7000 bis 8000 Rinder pro Woche schlachtet, würde durch den Zukauf seine Kapazitäten um ein Drittel erhöhen. Dies würde das Unternehmen zum größten Anbieter im Rindfleischsegment in Deutschland machen, während Vion, das zuletzt etwa 5000 Rinder pro Woche bearbeitete, seine Marktanteile erheblich reduzieren würde.

Die Fleischindustrie sieht sich in den letzten Jahren einem Rückgang des Fleischkonsums gegenüber. Laut aktuellen Statistiken verzehren die Deutschen im Durchschnitt rund 51,6 Kilogramm Fleisch pro Kopf, was einen Rückgang im Vergleich zu den 61,1 Kilogramm vor zehn Jahren darstellt. Diese Entwicklung hat viele Unternehmen in der Branche unter Druck gesetzt und zu einer verstärkten Konsolidierung geführt.

Wettbewerbsbedingungen und Kartellrecht

Die Übernahme von Vion durch Tönnies wird von den Kartellbehörden genau geprüft werden. Das Bundeskartellamt hat bereits signalisiert, dass es in der Fleischindustrie verschiedene Fusionen intensiv untersucht hat, ohne dass dabei wettbewerbliche Grenzen überschritten wurden. Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamts, äußerte, dass der Zusammenschluss möglicherweise ohne größere Auflagen genehmigt werden könnte, da Vion in Deutschland mit erheblichen Schwierigkeiten zu kämpfen hatte.

Die Marktanalysen zeigen, dass trotz der Größe von Tönnies weiterhin Wettbewerb im Rindfleischmarkt herrscht. Neben den großen Akteuren wie Westfleisch und Danish Crown gibt es zahlreiche kleinere, familiengeführte Betriebe, die ebenfalls im Markt aktiv sind. Diese Diversität könnte dazu beitragen, dass die Übernahme nicht zu einer monopolartigen Situation führt.

Auswirkungen auf die Branche

Die Übernahme könnte weitreichende Auswirkungen auf die gesamte Branche haben. Tönnies könnte durch den Zukauf seine Marktanteile erheblich steigern und sich in einem zunehmend schwierigen Marktumfeld behaupten. Die Rindfleischproduktion in Deutschland hat sich in den letzten Jahren stabilisiert, und die Marktforscher von CMI prognostizieren ein durchschnittliches jährliches Wachstum des europäischen Rindfleischmarktes von 4,1 Prozent bis 2033.

Die Übernahme kommt zu einem Zeitpunkt, an dem die Branche vor großen Herausforderungen steht, darunter sinkende Konsumzahlen und steigende Anforderungen an die Tierhaltung und -verarbeitung. Tönnies hat in der Vergangenheit bereits in alternative Proteinquellen investiert, was darauf hindeutet, dass das Unternehmen bestrebt ist, sich an die sich verändernden Marktbedingungen anzupassen.

Fazit

Die geplante Übernahme von Vion durch Tönnies ist ein bedeutendes Ereignis in der deutschen Fleischindustrie, das sowohl Chancen als auch Herausforderungen mit sich bringt. Während Tönnies seine Position als Marktführer im Rindfleischsegment festigen könnte, bleibt abzuwarten, wie die Kartellbehörden auf diesen Zusammenschluss reagieren werden und welche weiteren Entwicklungen in der Branche zu erwarten sind.

Quellen: FAZ, Spiegel, Süddeutsche Zeitung, Top Agrar, Agrarheute.

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