19.10.2024
Ukraine und Russland: Strategien im Schatten des Krieges

Lage im Überblick: Selenskyj: Russland muss den Krieg spüren

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat die jüngsten militärischen Drohnenangriffe auf russisches Territorium als notwendige Maßnahme bezeichnet, um Russland die Auswirkungen des Krieges deutlich zu machen. In seiner abendlichen Videobotschaft erklärte Selenskyj, dass der "terroristische Staat" spüren müsse, wie es sei, Krieg zu führen. Diese Angriffe, die in der Nacht zum Sonntag stattfanden, richteten sich unter anderem gegen Ziele in der Hauptstadt Moskau.

Die ukrainischen Planungsstäbe haben laut Selenskyj das Ziel, möglichst viele russische militärische Einrichtungen sowie logistische und kritische Teile der Militärwirtschaft in Reichweite ukrainischer Waffen zu bringen. Dies sei eine direkte Antwort auf die ständigen russischen Angriffe auf ukrainische Städte, die vor allem zivile Ziele betreffen. Selenskyj betonte, dass es notwendig sei, den Krieg zurück nach Russland zu bringen, von wo aus er in die Ukraine getragen wurde.

Die ukrainischen Streitkräfte setzen zunehmend auf Kampfdrohnen und ein neues Raketenprogramm, um ihre militärischen Ziele zu erreichen. "Mit unseren Drohnen und Raketen sind wir in der Lage, einen Teil der Aufgaben zu erfüllen", so Selenskyj. Dennoch wiederholte er die Forderung, dass die Ukraine vom Westen die Erlaubnis benötige, auch schwere Waffen gegen Ziele auf russischem Staatsgebiet einzusetzen. Diese Forderung hängt von den Entscheidungen führender westlicher Politiker ab, darunter US-Präsident Joe Biden, der britische Premierminister Keir Starmer, der französische Staatschef Emmanuel Macron und der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz.

Selenskyj betonte, dass "keine einzige russische Rakete, kein einziger russischer Angriff ohne gerechte Antwort bleiben sollte". In der Tat hat die Ukraine mit einem massiven Drohnenangriff auf Moskau zum ersten Mal in fast zweieinhalb Jahren Krieg empfindliche Schäden angerichtet. Berichten zufolge kam es im Südosten Moskaus zu einem Brand in einer großen Raffinerie, die nur 16 Kilometer vom Kreml entfernt liegt. Auch zwei Kraftwerke in der Umgebung wurden getroffen.

Das britische Wirtschaftsmagazin Forbes bezeichnete die ukrainischen Drohnenangriffe als einen Weg, den Russen ihre eigene Medizin zu verabreichen. Angesichts der veralteten Technik der russischen Stromversorgung könnten die Angriffe der Ukraine der russischen Bevölkerung in diesem Winter größere Probleme bereiten, als sie bisher in der Ukraine erlebt haben. Forbes zog Parallelen zu dem fast zehnjährigen Krieg der Sowjets in Afghanistan, der zum Zerfall der Sowjetunion beitrug, und stellte die Frage, wie lange die russische Bevölkerung bereit sei, den Krieg gegen die Ukraine zu unterstützen.

Ein weiterer Aspekt, der in den Berichten angesprochen wurde, ist die Möglichkeit, dass die Unzufriedenheit in der russischen Öffentlichkeit und unter den politischen Eliten zunehmen könnte, sollte Russland den Krieg verlieren. Anhaltende Wirtschaftssanktionen und militärische Verluste könnten die politische Opposition innerhalb Russlands stärken und die Führung von Präsident Putin herausfordern.

Währenddessen hat Russland weiterhin Städte in der Ukraine angegriffen. In Charkiw wurden bei einem russischen Raketenangriff auf ein Einkaufszentrum 47 Menschen verletzt. Am Vortag waren bei einem Luftangriff in Charkiw mindestens sechs Menschen getötet und 99 weitere verletzt worden. Auch in der Region Donezk kam es zu tödlichen Angriffen, bei denen mehrere Menschen starben und weitere verletzt wurden.

Die Situation in der Region Sumy bleibt ebenfalls angespannt, da die Behörden wiederholt russische Artillerieangriffe meldeten, die mehrere Verletzte zur Folge hatten. Diese Angriffe betreffen vor allem die Nachschubwege für die ukrainischen Truppen, die in die westrussische Region Kursk eingedrungen sind.

Die Lage im Ukraine-Konflikt bleibt angespannt, und die Entwicklungen der kommenden Tage werden entscheidend dafür sein, wie sich die militärischen und politischen Strategien beider Seiten weiterentwickeln werden.

Quellen: dpa, Forbes, SZ.de

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