5.12.2024
Unser Ole Mütter Schuld und DDR Kritik in Katja Lange Müllers Familienroman

Tragödie und Schuld in Katja Lange-Müllers „Unser Ole“

Katja Lange-Müllers Roman „Unser Ole“ erzählt eine Geschichte von Schuld und Tragik, die sich um den autistischen Jungen Ole dreht. Er steht unter Verdacht, seine Großmutter Elvira getötet zu haben, nachdem diese tot am Fuß der Treppe aufgefunden wurde. Wie Jan Wiele in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) vom 05.12.2024 berichtet, entdeckt Elviras Freundin Ida die Leiche. Ole steht „flunderflach“ und „gipsbleich“ daneben, was Ida sofort auf ihn als möglichen Täter schließen lässt. Sie vermutet einen erneuten Wutanfall des „Bären mit Spatzenhirn“.

Schauplatz des Geschehens ist ein Landhaus, das Elvira Ole und Ida als Zufluchtsort angeboten hat. Ida, die ihre Wohnung in Berlin verloren hat, erhofft sich ein harmonisches Zusammenleben, doch die Realität gestaltet sich anders. Die FAZ-Rezension betont die ungeschönte Darstellung der Figuren und ihrer oft „knallharten und sarkastischen“ Sprache. Die Erzählstimme bezeichnet das Werk selbst als „Prosadrama“, was die konzentrierte Darstellung menschlicher Abgründe unterstreicht. Schon das Cover, das das Haus in düsteren Farben zeigt, lässt die Tragik erahnen.

Hinter der drastischen Handlung verbirgt sich laut FAZ eine soziale Frage, die Lange-Müller immer wieder thematisiert. Ida, die im Alter von Armut betroffen ist, offenbart die Kälte und Lieblosigkeit in Elviras Familie. Elvira selbst, die sich mit Schönheitsoperationen eine Fassade aufbaut, wird als emotional kaltes Monster dargestellt, das ihre Tochter Manuela und ihren Enkel Ole vernachlässigt.

Die Beziehung zwischen Elvira und Manuela bildet den Kern des Romans. Wie Hugendubel in seiner Produktbeschreibung beschreibt, umkreisen sich die beiden Frauen misstrauisch und enthüllen dabei ihre Familiengeschichten und seelischen Wunden. Das zentrale Thema ist die fehlende Mutterliebe, die sich über Generationen fortsetzt. „Ja, ja, immer sind die Mütter schuld“, lautet ein Motto des Buches, das einer Psychotherapie-Patientin zugeschrieben wird. Die FAZ weist auf die im Roman mitschwingende Gesellschaftskritik an der DDR hin, insbesondere an deren Familien- und Mutterbilder. Elviras Verhalten soll zu Komplikationen bei Oles Geburt geführt haben, die wiederum Sauerstoffmangel und kognitive Beeinträchtigungen verursachten. Manuela, Oles Mutter, erlitt nach der Geburt eine Wochenbettdepression, brach den Kontakt zu ihrem Sohn ab, hielt aber an der „Lebenslüge“ fest, irgendwann zu ihm zurückzukehren.

Hugendubel zufolge gelingt es Lange-Müller, den Figuren am Rande der Gesellschaft unterschiedliche Stimmen zu verleihen. Der Roman regt zum Nachdenken an und erzählt von ablehnenden Müttern, der Sehnsucht nach Zuneigung und Lebenslügen, die manchmal gar nicht so gelogen sind. Die FAZ sieht in „Unser Ole“ nicht nur ein Familiendrama, sondern auch einen Krimi. Der Titel versteht sich als Anklage eines Kollektivs, das über die DDR hinausweist.

Quellen: - Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ): https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/buecher/rezensionen/belletristik/der-baer-mit-spatzenhirn-katja-lange-muellers-unser-ole-110106513.html - Hugendubel: https://www.hugendubel.de/de/buch_gebunden/katja_lange_mueller-unser_ole-47938817-produkt-details.html?srsltid=AfmBOoov6fPkmrgRr1c6bYhzxg4Wnw6VNL4_YxpNUsV9RdTlK8YNjWGwgrig - grigna.ovh (nicht erreichbar): https://grigna.ovh/giornali/2024/11-novembre/13/esteri/FrankfurterAllgemeineZeitung13November2024.pdf - treng.de: https://www.treng.de/
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