Von Oliver Kühn (Text) und Jens Giesel (Grafiken)
Zuletzt aktualisiert: 28.09.2024, 19:01 Uhr
Der Einstieg von Kamala Harris hat den Wahlkampf neu gestartet, der Ausgang ist wieder offen. Das zeigen auch die Umfragen. Die wichtigsten Grafiken im Überblick.
Bis zum 21. Juli kämpften mit Joe Biden und Donald Trump zwei Kandidaten gegeneinander, für die sich viele Wähler nicht erwärmen konnten – zuletzt sahen die Umfragen Trump vor Biden. Nach dessen Rückzug wittern die Demokraten Morgenluft: Die Nominierung von Kamala Harris zur Präsidentschaftskandidatin hat ihrem Wahlkampf neuen Schwung verliehen.
In den Umfragen steht Harris besser da als Biden vor ihr. Trotzdem bleibt es zwischen der Demokratin und dem Republikaner Trump eng, oft liegt der Unterschied in der Fehlermarge der Umfrage. Wer von den beiden die Präsidentenwahl am 5. November gewinnt, ist offen.
Nationale Umfragen sind in den Vereinigten Staaten oft irreführend. Denn der Wahlausgang hängt faktisch von wenigen Bundesstaaten ab. Die meisten der 50 Staaten neigen eindeutig einer Partei zu. Hier lässt sich mit großer Sicherheit sagen, welcher Kandidat am Wahltag die Nase vorn haben wird.
Wie groß der Vorsprung eines Demokraten in Kalifornien oder eines Republikaners in Texas ist, hat wegen der großen Bevölkerung zwar Einfluss auf die nationalen Umfragedurchschnitte – nicht aber auf den Wahlausgang. Ein Erdrutschsieg ist nicht mehr wert als ein denkbar knapper Sieg.
Wichtig für den Ausgang der Präsidentenwahl sind also nur die „Swing States“ – auch „Battleground States“ genannt. Diese Bundesstaaten neigen keiner Partei eindeutig zu. In der Vergangenheit hat mal die eine, mal die andere gewonnen. Auf diese Staaten konzentriert sich der Wahlkampf. Ein Blick auf die Umfragewerte hier kann aussagekräftiger sein als der Durchschnittswert aller Bundesstaaten.
Analysten blicken vor allem auf sechs besonders umkämpfte „Battleground States“: Arizona, Georgia, Michigan, Nevada, Pennsylvania und Wisconsin.
Bis auf Nevada hatten diese Staaten 2016 für Trump gestimmt, vor vier Jahren dann für Biden. In Arizona hatte Biden dabei nur rund 11.000 Stimmen Vorsprung, in Georgia gut 12.000 und in Wisconsin 20.000. Nur in Michigan konnte er einen sechsstelligen Stimmenvorsprung einfahren. Harris muss versuchen, die demokratischen Wähler von damals für sich zu begeistern; Trump sieht eine Chance, an seinen Überraschungssieg von 2016 anzuknüpfen.
Jeder Bundesstaat hat eine bestimmte Anzahl Wahlleute zu vergeben. Der Kandidat, der die Mehrheit der Wählerstimmen in einem Bundesstaat erreicht, bekommt sämtliche Stimmen dieses Staats im Wahlleutegremium zugesprochen (mit zwei Ausnahmen in Maine und Nebraska). Wer die Mehrheit der Wahlleute – 270 oder mehr – auf seiner Seite hat, wird amerikanischer Präsident. Die sechs besonders umkämpften Staaten stellen zusammen 77 der insgesamt 538 Wahlleute.
Neben den Umfragen, wen die Wähler gerne als Präsidenten hätten, gibt es noch jene, die versuchen, die Beliebtheit der Kandidaten als Person zu messen. Trumps Werte scheinen in dieser Hinsicht wie eingemauert – seit Januar bewegen sie sich zwischen 41 Prozent und 44 Prozent. Ganz anders jene von Kamala Harris. Als noch Joe Biden der präsumtive Kandidat der Demokraten war, trat Harris vor allem als Vizepräsidentin in Erscheinung und hatte in dieser Funktion keinen guten Ruf und kaum gute Presse. Dementsprechend lagen ihre Beliebtheitswerte bei weniger als 40 Prozent. Nach ihrem Einstieg in den Wahlkampf änderte sich das. Sie verlieh dem Rennen um das Weiße Haus neuen Schwung und verbreitete gute Laune. Ihre Beliebtheitswerte stiegen deutlich.
Die beiden Vizepräsidentschaftskandidaten, Tim Walz bei den Demokraten und J.D. Vance bei den Republikanern, kommen nicht an die Werte der Präsidentschaftskandidaten heran. Allerdings ist zu sehen, dass Walz in dieser Hinsicht einen deutlichen Vorsprung vor Vance hat.
Über die Aussagekraft von Umfragen im Vorfeld von Wahlen lässt sich streiten. Fakt ist: Sowohl Harris als auch Trump haben realistische Chancen, die Wahl zu gewinnen. Die Umfragen zeichnen ein Kopf-an-Kopf-Rennen, bei dem kleine Verschiebungen in der Wählergunst den Unterschied ausmachen können. Der Ausgang der US-Wahl 2024 bleibt spannend.
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