Ein unscheinbares Gemälde in einem billigen Rahmen, jahrzehntelang unbeachtet im Wohnzimmer eines italienischen Haushalts – könnte sich dahinter ein echter Picasso verbergen? Diese Frage sorgt derzeit für Aufsehen in Italien und darüber hinaus. Wie die FAZ berichtet, will eine Expertin für Graphologie die Echtheit der Signatur auf dem Gemälde zweifelsfrei bestätigt haben.
Die Geschichte klingt fast zu schön, um wahr zu sein: Ein Trödelhändler aus Capri findet 1962 im Gerümpel einer Villa ein Gemälde und nimmt es mit nach Hause. Dort hängt es jahrelang im Wohnzimmer, ohne dass jemand dessen wahren Wert erahnt. Erst der Sohn des Händlers, Andrea Lo Rosso, äußert Jahre später den Verdacht, es könnte sich um ein Werk des berühmten Pablo Picasso handeln.
Tatsächlich ähnelt das Gemälde Picassos Werk „Buste de femme (Dora Maar)“ aus dem Jahr 1941. Laut FAZ befindet sich das als Original anerkannte Gemälde seit 2019 als Leihgabe eines Privatsammlers in der Australischen Nationalgalerie in Canberra. Ob es sich bei dem Fund aus Capri um eine weitere Version, eine Kopie oder gar eine Fälschung handelt, ist bisher unklar.
Andrea Lo Rosso erzählt gegenüber der italienischen Zeitung „Il Giorno“, sein Vater habe ihm von dem Fund berichtet. Die Leinwand sei zusammengerollt, verstaubt und in schlechtem Zustand gewesen. Seine Mutter habe sie, wie alle Bilder, die ihr Mann mit nach Hause brachte, zunächst gründlich gereinigt. „Mein Vater war kein sehr gebildeter Mensch, er hatte keine Ahnung, wer Picasso war“, so Lo Rosso gegenüber der Zeitung. Erst als er selbst in einer Enzyklopädie über Picassos Werke las, fiel ihm die Ähnlichkeit der Signatur auf dem Gemälde mit der des Künstlers auf. Doch der Vater schenkte den Vermutungen seines Sohnes keinen Glauben.
Nach dem Tod des Vaters im Jahr 2021 nahm Andrea Lo Rosso die Sache selbst in die Hand. Er wandte sich an verschiedene Experten und schließlich an die Arcadia Foundation in der Schweiz, die auf die Authentifizierung von Signaturen spezialisiert ist. Nach eingehender Untersuchung des Gemäldes kam Graphologin Cinzia Altieri zu einem eindeutigen Ergebnis: Die Signatur stammt von Picasso.
Die Stiftung schätzt den Wert des Gemäldes auf sechs Millionen Euro. Sollte es sich tatsächlich um einen echten Picasso handeln, könnte es bei einer Versteigerung sogar bis zu zehn Millionen Euro einbringen. Andrea Lo Rosso hat das Gemälde, das seine Mutter aufgrund des "schrecklichen" Motivs am liebsten entsorgt hätte, inzwischen in einem Banktresor deponiert.
Luca Marcante, Präsident der Arcadia Foundation, hält es für möglich, dass Picasso zwei Versionen des Werks „Buste de femme“ gemalt hat. „Es handelt sich wahrscheinlich um zwei nicht genau identische Porträts desselben Motivs, die Picasso zu unterschiedlichen Zeiten geschaffen hat“, wird er im „Giorno“ zitiert.
Ob das Gemälde tatsächlich von Picasso stammt, muss nun die „Succession Picasso“, das Unternehmen der Picasso-Erben, entscheiden. Andrea Lo Rosso will einen neuen Anlauf unternehmen, um das Bild von den Experten der Erbengemeinschaft untersuchen zu lassen. Sollte es sich tatsächlich um einen echten Picasso handeln, will er es versteigern lassen – „wie es sich mein Vater immer gewünscht hat“, so Lo Rosso gegenüber „Il Giorno“.
Quelle: FAZ.NET
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