18.10.2024
Vier-Tage-Woche in Deutschland: Ergebnisse des Pilotprojekts

Neues Arbeitszeitmodell: 4-Tage-Woche ohne Lohneinbußen? Initiative stellt Studie vor

Über 40 deutsche Unternehmen und Organisationen haben sich an einem Pilotprojekt beteiligt, das die Vor- und Nachteile einer 4-Tage-Woche bei vollem Lohnausgleich untersucht. Die Ergebnisse dieser Studie, die von der Universität Münster wissenschaftlich begleitet wurde, werden heute in Düsseldorf vorgestellt. Wie die Zeit berichtet, startete das Projekt im Februar und lief über sechs Monate. Hinter der Initiative stehen die globale Organisation "4 Day Week" und die deutsche Unternehmensberatung Intraprenör.

Ein Zwischenbericht vom Juli zeigte bereits erste Tendenzen: In einigen der teilnehmenden Organisationen waren die Mitarbeiter motivierter, Verbesserungspotenziale aufzudecken und neue Ideen für effizienteres Arbeiten zu entwickeln. Die Reduzierung interner Meetings wurde dabei als eine effektive Maßnahme zur Zeitersparnis identifiziert.

Nicht alle Unternehmen entschieden sich für das klassische "100-80-100-Modell", bei dem 100 Prozent Lohn für 80 Prozent Arbeitszeit bei gleichbleibender Produktivität gezahlt werden. Knapp die Hälfte der Unternehmen reduzierte die Arbeitszeit um höchstens zehn Prozent, was beispielsweise einen halben freien Tag pro Woche bedeutete. Größere Unternehmen beteiligten sich oft nur mit Teilbereichen an dem Projekt.

Ähnliche Studien in Großbritannien, den USA und Südafrika lieferten bereits interessante Erkenntnisse, doch die Aussagekraft bleibt begrenzt. Die deutsche Studie ist nicht repräsentativ für die gesamte Wirtschaft, da die teilnehmenden Unternehmen aus verschiedenen Branchen stammen und zwei Drittel davon weniger als 50 Mitarbeiter beschäftigen.

Befürworter der 4-Tage-Woche erhoffen sich durch den geringeren Stress zufriedeneres und produktiveres Personal. Auch die Vereinbarkeit von Familie und Beruf könnte verbessert werden. Im Wettbewerb um Fachkräfte könnte die 4-Tage-Woche zudem ein entscheidender Vorteil sein.

Kritiker hingegen warnen vor den Kosten einer solchen Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich, die sich viele Unternehmen – besonders in der aktuellen Wirtschaftslage – nicht leisten könnten. Angesichts des demografischen Wandels und des Arbeitskräftemangels würde eine 4-Tage-Woche die Knappheit an Arbeitszeit noch verschärfen.

Der SPD-Bundestagsabgeordnete Sebastian Roloff sieht die 4-Tage-Woche als ein Modell, das in bestimmten Berufen und Branchen sinnvoll sein kann. Seiner Meinung nach könnte es dazu beitragen, Teilzeitbeschäftigte näher an die Vollzeit zu bringen und so das Arbeitskräftepotenzial besser auszuschöpfen. Gleichzeitig betont er, dass es in Zeiten des Fachkräftemangels und der Wirtschaftskrise keine allgemeingültige Lösung geben kann, die für alle optimal ist.

Die FDP reagiert skeptisch. Arbeitgeber und -nehmer könnten zwar frei entscheiden, wie sie ihre Arbeitszeit gestalten, so der FDP-Bundestagsabgeordnete Reinhard Houben. Er merkt jedoch an, dass "einfach weniger zu arbeiten" nicht die Lösung für die aktuellen Krisen sei. Gleicher Wohlstand bei geringerer Arbeitszeit funktioniere nur durch gesteigerte Produktivität. "Dies ist in den letzten Jahren in Deutschland nicht geglückt - bisher ist noch keine wirtschaftliche Stagnation durch weniger Arbeit überwunden worden."

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) äußert sich zurückhaltend. Zunächst müsse geklärt sein, was genau unter einer 4-Tage-Woche verstanden wird, so DGB-Vorstandsmitglied Anja Piel. "Wenn bei vollem Lohnausgleich nur vier Tage gearbeitet wird und sich dabei die Arbeitsbelastung nicht erhöht, kann das im Idealfall zu mehr Arbeitszufriedenheit und zu höherer Produktivität führen."

Sie warnt jedoch vor einer "Mogelpackung", bei der das gleiche Arbeitspensum auf weniger Tage verteilt wird und die Beschäftigten dadurch noch stärker belastet werden.

Steffen Kampeter, Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), sieht das Thema kritisch. "Im internationalen Vergleich arbeiten wir Deutsche über das Jahr gerechnet schon heute mit am wenigsten." Anstatt über eine generelle Arbeitszeitverkürzung zu diskutieren, sollte man die Flexibilisierung der Arbeitszeit in den Vordergrund stellen. "Da, wo es passt, Montag bis Donnerstag mal mehr arbeiten und Freitag frei – das sollte möglich sein, wenn Arbeitnehmer und Arbeitgeber das vereinbaren."

Quelle: dpa

Weitere Informationen finden Sie unter:

    - https://www.zeit.de/news/2024-10/18/4-tage-woche-ohne-lohneinbussen-initiative-stellt-studie-vor - https://www.stern.de/news/neues-arbeitszeitmodell--4-tage-woche-ohne-lohneinbussen--initiative-stellt-studie-vor-35153106.html - https://www.wz.de/thema-des-tages/4-tage-woche-ohne-lohneinbussen-initiative-stellt-studie-vor_bid-120215867 - https://rp-online.de/wirtschaft/4-tage-woche-ohne-lohneinbussen-initiative-stellt-studie-vor_bid-120215883 - https://www.stepstone.de/magazin/artikel/4-tage-woche-das-arbeitszeitmodell-von-morgen - https://www.sparkasse.de/pk/ratgeber/karriere/arbeitsmodelle/vier-tage-woche.html - https://arbeitgeberportal.kununu.com/blog/4-tage-woche-studie/ - https://www.fes.de/themenportal-bildung-arbeit-digitalisierung/arbeit/4-tage-woche
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