Die Erinnerungen an den Dirigenten William Steinberg, der als einer der bedeutendsten Musiker des 20. Jahrhunderts gilt, werden durch die Veröffentlichung zweier neuer CD-Editionen neu belebt. Steinberg, geboren als Hans Wilhelm Steinberg am 1. August 1899 in Köln, war ein talentierter Dirigent, der sein Leben und seine Karriere durch die Schrecken des Nationalsozialismus und den Zweiten Weltkrieg stark geprägt sah. Als Jude wurde er 1933 aus seinem Amt als Generalmusikdirektor an der Frankfurter Oper vertrieben und floh 1936 in die Vereinigten Staaten.
Sein Weg ins Exil war nicht nur eine Flucht vor dem nationalsozialistischen Regime, sondern auch der Beginn eines neuen Kapitels in seiner musikalischen Laufbahn. In den USA konnte Steinberg seine Karriere wieder aufbauen und wurde schnell zu einem gefragten Dirigenten. Er arbeitete mit namhaften Orchestern wie dem Buffalo Philharmonic Orchestra und dem Pittsburgh Symphony Orchestra. Trotz seines Erfolgs in den USA blieb seine Verbindung zu Deutschland und seiner Heimatstadt Frankfurt stets bestehen.
Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs kehrte Steinberg 1955 nach Deutschland zurück, um erneut mit dem Frankfurter Opern- und Museumsorchester zu arbeiten. Diese Rückkehr war jedoch von gemischten Gefühlen begleitet. Musikkritiker und das Publikum schienen sich mit seiner Rückkehr schwer zu tun, was sich in den Berichten der damaligen Zeit widerspiegelte. Kritiker wie Walter Dirks äußerten sich ambivalent über Steinberg, indem sie seine Erscheinung kommentierten, aber kaum auf die Tragödien eingingen, die er erlebt hatte.
Die Art und Weise, wie Steinbergs Rückkehr in der deutschen Presse behandelt wurde, verdeutlicht die Schwierigkeiten, die Deutschland in der Nachkriegszeit hatte, sich mit seiner eigenen Vergangenheit auseinanderzusetzen. Die meisten Kritiken thematisierten nicht die Diskriminierung, die Steinberg als Jude erlitten hatte, sondern konzentrierten sich auf seine künstlerische Leistung. Dies führte zu einer verzerrten Wahrnehmung seiner Biografie, die die traumatischen Erfahrungen, die er erlitten hatte, ausblendete.
Die neuen CD-Editionen, die Steinbergs Arbeiten gewidmet sind, bieten eine wertvolle Gelegenheit, sein musikalisches Erbe zu würdigen. Sie enthalten Aufnahmen von bedeutenden Werken, die Steinberg dirigierte, darunter Kompositionen von Beethoven und Tschaikowski. Diese Editionen sind nicht nur eine Hommage an seine künstlerischen Fähigkeiten, sondern auch ein wichtiger Schritt zur Wiederentdeckung eines Dirigenten, dessen Name in der klassischen Musikgeschichte oft in den Hintergrund gedrängt wurde.
Steinbergs Einfluss auf die klassische Musik reicht weit über seine Zeit hinaus. Seine Interpretationen und sein Dirigierstil haben Generationen von Musikern inspiriert. Viele seiner Aufnahmen gelten als Maßstab für die Aufführungspraxis von klassischen Werken. Die CD-Editionen ermöglichen es neuen Zuhörern, die Tiefe und die Emotionen in Steinbergs Aufführungen zu erleben und sich mit einem Musiker auseinanderzusetzen, der trotz seiner tragischen Vergangenheit bemerkenswerte Erfolge erzielt hat.
Die Veröffentlichung der CD-Editionen ist ein bedeutsamer Schritt, um das Andenken an William Steinberg lebendig zu halten. Sie laden sowohl Liebhaber klassischer Musik als auch neue Hörer ein, sich mit seinem Werk und seiner Geschichte auseinanderzusetzen. Angesichts der Herausforderungen, die Steinberg in seinem Leben überwinden musste, wird deutlich, dass seine Rückkehr nach Deutschland und die Anerkennung seines Talents nicht nur eine musikalische, sondern auch eine menschliche Errungenschaft darstellen.
Die Auseinandersetzung mit Steinbergs Leben und Wirken ist zudem ein wichtiger Beitrag zur Erinnerungskultur in Deutschland, die sich den dunklen Kapiteln ihrer Geschichte stellen muss. Durch die Würdigung von Persönlichkeiten wie Steinberg wird nicht nur sein musikalisches Erbe bewahrt, sondern auch ein Stück der Geschichte, die oft in den Hintergrund gedrängt wird, ins Bewusstsein gerückt.
