September 19, 2024
Zollfragen im Fokus: Chinas Strategie gegen EU-Handelsbarrieren

Handelspolitik: Zweifel an Autozöllen gegen China

Chinas Handelsminister Wang Wentao hat sich in den letzten Tagen intensiv um die Verhinderung der von der Europäischen Union (EU) angekündigten Schutzzölle auf Elektroautos bemüht. Diese Zölle, die bis zu 35,3 Prozent betragen könnten, wurden eingeführt, um die europäischen Hersteller vor dem Wettbewerb durch stark subventionierte chinesische Elektroautos zu schützen. Die EU plant, diese Zölle Anfang November in Kraft treten zu lassen, was Wang dazu veranlasst hat, eine Rundreise durch verschiedene europäische Länder zu unternehmen, um Unterstützung für seine Sache zu gewinnen.

Die Gespräche zwischen Wang und dem EU-Handelskommissar Valdis Dombrovskis dauerten über fünf Stunden und beinhalteten auch ein Mittagessen. Diese intensive Diskussion zeigt, wie ernst die chinesische Regierung die Situation nimmt. Wang hat bereits in Rom und Berlin Station gemacht, um die EU-Länder von der Notwendigkeit abzubringen, die Zölle zu verhängen. Die Entscheidung über die Zölle könnte bereits in der kommenden Woche fallen, da eine Sitzung des zuständigen Ausschusses der Mitgliedstaaten ansteht. Allerdings gibt es Berichte, dass das Votum möglicherweise verschoben werden könnte, was den Chinesen einen kleinen Hoffnungsschimmer geben könnte.

Die Strategie Chinas, die Zölle zu verhindern, hat sich in den letzten Monaten als vielschichtig erwiesen. Wang hat sich als eine Art „Zollverhinderungsminister“ etabliert und verhandelt fast wöchentlich mit europäischen Politikern. Dabei hat Peking versucht, verschiedene europäische Länder durch Drohungen und Angebote zu beeinflussen. So wurden beispielsweise europäische Produkte wie Branntwein, Schweinefleisch und Milchprodukte ins Visier genommen, um Druck auf die EU auszuüben.

Ein bemerkenswerter Erfolg dieser Strategie war die Umkehrung der Haltung Spaniens, das zuvor ein Befürworter der Zölle war. Der spanische Regierungschef Pedro Sanchez hat sich während einer Chinareise klar gegen die Zölle ausgesprochen. Diese Wende wurde durch eine Kombination aus wirtschaftlichen Interessen und politischen Überlegungen erreicht. China hat angekündigt, große Investitionen in Spanien zu tätigen, während gleichzeitig eine Anti-Dumping-Untersuchung gegen europäisches Schweinefleisch, das hauptsächlich aus Spanien exportiert wird, eingeleitet wurde.

Das Bundeskanzleramt in Deutschland hat die Bemühungen Wangs positiv aufgenommen und sieht die Zölle mit Skepsis. Bundeskanzler Olaf Scholz hat Bedenken geäußert, dass die Einführung der Zölle zu Gegenmaßnahmen Chinas führen könnte, die insbesondere die deutschen Premiumhersteller treffen würden. Diese Bedenken haben sich in der deutschen Regierung verfestigt, und es wurde berichtet, dass das Kanzleramt aktiv versucht, die Zölle abzuwenden.

Innerhalb der deutschen Regierung gibt es jedoch unterschiedliche Meinungen zu den Zöllen. Während Scholz und andere Regierungsmitglieder gegen die Zölle sind, gibt es auch Stimmen, die die Einführung von Zöllen unterstützen, um die heimische Industrie zu schützen. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hat betont, dass ein Handelskonflikt mit einer Zollspirale unbedingt verhindert werden müsse und dass eine Verhandlungslösung angestrebt werden sollte.

Die Stimmung unter den EU-Mitgliedstaaten ist jedoch nach wie vor gegen die Zölle. Bei einer Probeabstimmung im Juli hatten sich nur vier Staaten gegen die Zölle ausgesprochen, während sich elf weitere enthalten haben. Um die Zölle zu stoppen, müsste Deutschland eine Mehrheit von 15 Staaten organisieren, die mindestens 65 Prozent der EU-Bevölkerung repräsentieren. Dies gilt als äußerst unwahrscheinlich, insbesondere da Wang in Gesprächen mit anderen Staaten wie Italien bisher keinen Erfolg hatte.

Insgesamt bleibt die Situation angespannt, und die kommenden Wochen könnten entscheidend dafür sein, ob die EU die Zölle tatsächlich einführt oder ob China in der Lage ist, sie zu verhindern. Die Dynamik der Verhandlungen und die geopolitischen Überlegungen werden weiterhin eine wichtige Rolle spielen.

Die Entwicklungen in dieser Angelegenheit sind für die europäische Automobilindustrie von großer Bedeutung, da sie die Wettbewerbsbedingungen auf dem Markt erheblich beeinflussen könnten. Die EU steht vor der Herausforderung, ein Gleichgewicht zwischen dem Schutz ihrer eigenen Industrie und den Handelsbeziehungen zu China zu finden.

Quellen: F.A.Z.

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