14.11.2024
30 Jahre Grundgesetzänderung: Gleichstellung von Menschen mit Behinderung – Wo stehen wir?

Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen: 30 Jahre nach Grundgesetzänderung – Wo stehen wir?

Vor 30 Jahren wurde das Grundgesetz um den Satz "Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden" erweitert. Wie die Senatsverwaltung für Arbeit, Soziales und Gleichstellung, Integration, Vielfalt und Antidiskriminierung mitteilte, soll dieses Jubiläum gebührend begangen werden. Doch trotz dieses wichtigen Meilensteins ist die vollständige Gleichberechtigung von Menschen mit Behinderungen noch nicht erreicht. Wie die Zeit am 14. November 2024 berichtete, betonte die Berliner Landesbeauftragte für Menschen mit Behinderung, Christine Braunert-Rümenapf, zwar den Erfolg der Behindertenrechtsbewegung, mahnte aber gleichzeitig an, dass die gesetzliche Verankerung allein nicht ausreiche. "Menschen mit Behinderungen spüren in ihrem Alltag von den gesetzlichen Verbesserungen oft noch nicht genug und werden auch heute noch vielfach diskriminiert", so Braunert-Rümenapf laut Zeit Online.

Die Herausforderungen im Alltag sind vielfältig. In Berlin leben nach Angaben der Senatsverwaltung rund 641.000 Menschen mit einer anerkannten Behinderung. Gerade im öffentlichen Nahverkehr, im Bildungs- und Gesundheitssystem, bei der Wohnungssuche und im Umgang mit Behörden stoßen sie immer wieder auf Barrieren – sowohl im physischen als auch im gesellschaftlichen Raum. Diskriminierungserfahrungen gehören für viele Menschen mit Behinderung zur traurigen Realität.

Die Berliner Gleichstellungssenatorin Cansel Kiziltepe (SPD) sieht die Umsetzung des Beschlusses der Ministerpräsidentenkonferenz vom Oktober in Leipzig als zentralen Schritt zur Verbesserung der Situation. Dort wurde die "selbstbestimmte, gleichberechtigte und wirksame Teilhabe" von Menschen mit Behinderung als wichtiges Ziel definiert. Die Zusammenarbeit mit den Landesbeauftragten und dem Landesbeirat für Menschen mit Behinderung soll die praktische Umsetzung dieses Beschlusses vorantreiben.

Das Behindertengleichstellungsgesetz (BGG) vom 1. Mai 2002 regelt die Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen im öffentlichen Rechtsbereich auf Bundesebene. Es konkretisiert das im Grundgesetz verankerte Benachteiligungsverbot und verpflichtet Behörden, Körperschaften und Anstalten des Bundes zur Barrierefreiheit. Die UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) gab dem BGG weitere Impulse. So wurden beispielsweise die Verpflichtung zur Bereitstellung von Informationen in Leichter Sprache und die barrierefreie Gestaltung von Websites und mobilen Anwendungen festgeschrieben.

Die Gleichstellung mit schwerbehinderten Menschen bietet Menschen mit einem Behinderungsgrad von mindestens 30, aber unter 50, zusätzlichen Schutz und Unterstützung im Arbeitsleben. Wie die Bundesagentur für Arbeit erläutert, können gleichgestellte Menschen unter anderem Kündigungsschutz und finanzielle Hilfen für die Einrichtung eines behinderungsgerechten Arbeitsplatzes in Anspruch nehmen. Auch der Zugang zu Fachdiensten und Förderangeboten der Integrationsämter wird erleichtert. Gleichstellung bedeutet jedoch nicht die vollständige Gleichberechtigung mit schwerbehinderten Menschen. So besteht beispielsweise kein Anspruch auf Zusatzurlaub oder einen Schwerbehindertenausweis.

Die Gewalterfahrungen von Frauen mit Behinderungen sind ein besonders besorgniserregendes Thema. Eine Studie der Universität Bielefeld aus dem Jahr 2012, die im Auftrag des Bundesfrauenministeriums durchgeführt wurde, zeigt, dass Frauen mit Behinderungen überdurchschnittlich häufig von Gewalt betroffen sind – sei es in Form von Beschimpfungen, körperlicher oder sexualisierter Gewalt. Auch Diskriminierung und Gewalt in Einrichtungen der Behindertenhilfe sind traurige Realität.

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