Der Sandmann, Deutschlands dienstälteste Kinderfernsehfigur, feiert seinen 65. Geburtstag. Wie die dpa berichtet, begann die Geschichte des kleinen Mannes mit Spitzbart und Zipfelmütze am 22. November 1959 in den Fernsehstudios Berlin-Adlershof. Zehn Jahre nach Gründung der DDR flimmerte er erstmals über die Bildschirme, damals noch in Schwarz-Weiß. Die Premiere war, aus Sicht des sozialistischen Staates, ein voller Erfolg, besonders da der West-Sandmann erst acht Tage später seine Premiere feierte. Wie der Tagesspiegel berichtet, hatten die Ost-Fernsehmacher vom westdeutschen Vorhaben erfahren und beeilten sich mit ihrer eigenen Version.
Die Figur eroberte die Herzen der DDR-Kinder im Sturm. Als der Sandmann in der ersten Folge im Schnee einschlief, boten ihm viele Kinder in Briefen ihre eigenen Betten an, so der Tagesspiegel. Das Design der Puppe, mit ihren unbeweglichen Kulleraugen, der Zipfelmütze, dem Mäntelchen und dem obligatorischen Sandsack, basiert auf Hans Christian Andersens Märchenfigur „Ole Lukøje“ (Ole Augenschließer) und wurde vom Trickfilmmacher Gerhard Behrendt entworfen. Im Gegensatz zu seinem westlichen Pendant und der literarischen Vorlage erhielt der Ost-Sandmann einen Bart, der die Zuschauer damals an den Bart des ehemaligen SED-Chefs Walter Ulbricht erinnerte.
Der „Abendgruß“, wie die Sendung heißt, wurde zum festen Bestandteil des Zubettgeh-Rituals vieler Kinder. Das Sandmännchen-Lied, das jede Folge einleitet, ist bis heute unverändert: „Sandmann, lieber Sandmann, es ist noch nicht so weit…“. Im Anschluss an das Lied folgt eine kurze Geschichte, der eigentliche Abendgruß. Besonders beliebt sind seit Jahrzehnten die Geschichten aus dem Märchenwald mit Figuren wie Herrn Fuchs und Frau Elster, Pittiplatsch und Schnatterinchen. Nach dem Mauerfall kamen weitere Figuren hinzu, darunter der Junge Kalli und die Pinguine der Südpolgang.
Der Sandmann reiste in seinen Geschichten an die unterschiedlichsten Orte: durch die Weltmeere, zum Mond und ins Märchenland. Besonders gern besuchte er die sozialistischen Bruderländer, wie Budapest oder Krakau. Aber auch Orte, die für die meisten DDR-Bürger unerreichbar waren, wie Vietnam, Kuba, Ägypten, Irak und Japan, gehörten zu seinen Reisezielen. Wie n-tv berichtet, verfügt der Sandmann über einen beachtlichen Fuhrpark, von der Taucherglocke über den Schlitten bis hin zum Trabant.
Mit dem Fall der Mauer 1989 und dem Ende des DDR-Fernsehfunks 1991 überlebte der Abendgruß mit dem Sandmann als eine der wenigen DDR-Sendungen und wird heute im KiKa, im Rundfunk Berlin-Brandenburg (rbb) und im MDR ausgestrahlt. Der West-Sandmann wurde, wie die Zeit berichtet, bereits vor 1989 von den westdeutschen Sendern nach und nach eingestellt. Seit 1991 werden die in der DDR entstandenen Episoden mit Pittiplatsch, Schnatterinchen und Co. wiederholt, aber es werden auch immer wieder neue Rahmenhandlungen produziert. Zum 65. Geburtstag entstanden, laut rbb, acht neue Episoden. So besucht der Sandmann beispielsweise Kinder auf einem Bolzplatz oder fährt mit dem Paddelboard nach Skandinavien.
Die Sandmann-Puppe hat sich seit Mitte der 60er Jahre optisch kaum verändert, wie rbb-Redakteurin Nina Paysen gegenüber der dpa erklärte. Die rote Zipfelmütze, der rote Mantel und der Beutel mit dem Traumsand sind weiterhin seine Markenzeichen. Laut rbb verfolgen jeden Abend rund eine Million Zuschauer den Abendgruß im Fernsehen oder auf digitalen Plattformen. Wie Nina Paysen berichtet, werden die Folgen in der ARD Mediathek und auf dem Sandmann-Youtube-Kanal vor allem abends gegen 19 Uhr abgerufen. In Zuschauerbriefen wird immer wieder betont, welche wichtige Rolle das Sandmännchen im abendlichen Ritual vieler Familien spielt.
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