Die Frage, wer die SPD in den kommenden Bundestagswahlkampf führen wird, ist weiterhin offen. Während Bundeskanzler Olaf Scholz von Teilen der Parteiführung und einigen Kabinettsmitgliedern unterstützt wird, verzeichnen immer mehr Stimmen, insbesondere aus Nordrhein-Westfalen, Zuspruch für Verteidigungsminister Boris Pistorius. Wie die Zeit am 19. November 2024 berichtete, ist die K-Frage in der SPD „zunehmend offen“. Einflussreiche Sozialdemokraten erklären die Entscheidung für noch nicht gefallen.
Pistorius genießt in Umfragen deutlich höhere Beliebtheitswerte als Scholz. Dies zeigt sich unter anderem in einem von der „Bild“ veröffentlichten Ranking des Insa-Instituts, in dem Pistorius den Spitzenplatz belegt, während Scholz auf den letzten Platz abgerutscht ist, wie die Süddeutsche Zeitung berichtet. Die SPD rangiert in Umfragen derzeit bei 15 bis 16 Prozent, während die Union unter Friedrich Merz mindestens doppelt so stark ist.
Wiebke Esdar und Dirk Wiese, Vorsitzende der NRW-Landesgruppe in der SPD-Bundestagsfraktion und gleichzeitig Repräsentanten des linken und konservativen Flügel der Fraktion, betonten, dass die Entscheidung über die Kanzlerkandidatur in den Parteigremien getroffen werde. Sie räumten jedoch ein, dass es innerhalb der Partei eine Debatte über die beste Wahlkampfstrategie gebe und dabei viel Zuspruch für Pistorius zu hören sei. Das Ansehen von Scholz sei zudem stark mit der Ampel-Koalition verknüpft, so Esdar und Wiese laut Süddeutscher Zeitung.
Auch Jochen Ott, SPD-Fraktionschef im NRW-Landtag, äußerte sich zurückhaltend und betonte im „Welt“-Interview die grundsätzlich gute Ausgangslage der SPD mit zwei potenziellen Kanzlerkandidaten. Juso-Chef Philipp Türmer sieht die K-Frage ebenfalls als offen an, wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) berichtet. Mehrere Kommunalpolitiker und die Bundestagsabgeordneten Joe Weingarten und Johannes Arlt haben sich bereits öffentlich für Pistorius ausgesprochen, so der Bayerische Rundfunk.
Scholz kann jedoch auf die Unterstützung der Parteivorsitzenden Saskia Esken und Lars Klingbeil zählen. Auch die saarländische Ministerpräsidentin und stellvertretende Parteivorsitzende Anke Rehlinger sprach sich im „Stern“ für Scholz als „natürlichen und richtigen Kanzlerkandidaten“ aus. Bundesinnenministerin Nancy Faeser und Gesundheitsminister Karl Lauterbach sicherten Scholz ebenfalls ihre Unterstützung zu, wie die Zeit und die Süddeutsche Zeitung berichten. Auch der frühere SPD-Vorsitzende Martin Schulz hält eine erneute Kandidatur von Scholz für „logisch“, so die „Rheinische Post“.
Pistorius selbst schließt eine Kandidatur zwar nicht grundsätzlich aus, betont aber seine Loyalität zu Scholz und erklärt, dass das Kanzleramt nicht seiner Lebensplanung entspreche, wie die Süddeutsche Zeitung und der Bayerische Rundfunk berichten. Er lobte Scholz' Arbeit als Kanzler und betonte dessen Bereitschaft zur erneuten Kandidatur.
Der ehemalige SPD-Chef Norbert Walter-Borjans drängt auf eine rasche Entscheidung in der K-Frage, wie die „Rheinische Post“ berichtet. Er lobte zwar Scholz' Krisenmanagement, merkte aber auch an, dass Scholz seine „selbstkritische und nahbare“ Seite stärker zeigen müsse, um gegen Merz bestehen zu können.
Die Diskussion um die Kanzlerkandidatur wird die SPD in den kommenden Wochen weiter beschäftigen. Der Ausgang der Brandenburg-Wahl könnte dabei eine entscheidende Rolle spielen, wie der Merkur berichtet. Sollte die SPD dort eine Niederlage erleiden, könnte der Druck auf Scholz weiter zunehmen.
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