Die Verbreitung antisemitischer Einstellungen in Nordrhein-Westfalen ist ein Thema, das die Gesellschaft und die Politik gleichermaßen beschäftigt. Eine im Auftrag der damaligen Antisemitismusbeauftragten des Landes, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, und des Innenministeriums durchgeführte Studie der Universitäten Düsseldorf und Passau, über die die AJS NRW berichtet, liefert dazu besorgniserregende Erkenntnisse. Wie die Universität Passau berichtet, wurden 1300 Personen ab 16 Jahren befragt.
Die Studie, die im Herbst 2024 veröffentlicht und von der Universität Passau online vorgestellt wurde, unterscheidet verschiedene Formen des Antisemitismus: religiöser, moderner, sekundärer (Holocaust-bezogener) und israelbezogener Antisemitismus. Je nach Form und Fragestellung zeigten acht bis 24 Prozent der Befragten antisemitische Einstellungen. Acht Prozent äußerten religiös geprägte Ansichten, während fast ein Viertel (24 Prozent) modernen antisemitischen Erzählungen, wie der einer „jüdischen Weltverschwörung“, zustimmten. Besonders alarmierend: 19 Prozent relativierten oder leugneten den Holocaust, und 14 Prozent äußerten israelbezogenen Antisemitismus.
Wie die Zeit im Januar 2025 berichtete, sieht auch die NRW-Antisemitismusbeauftragte Sylvia Löhrmann einen breit „aufgefächerten Antisemitismus“ im Land und dringenden Handlungsbedarf. Sie betonte die Notwendigkeit eines differenzierten Vorgehens, das Erinnerungsarbeit in Schulen, Bildungseinrichtungen und Gedenkstätten umfasst. Darüber hinaus brauche es „andere Zugänge“, um gegen Antisemitismus vorzugehen, der „Kindern und Menschen eingeimpft“ werde, „die aus Ländern einreisen, in denen die Existenz des Staats Israels grundsätzlich infrage gestellt wird“.
Die Notwendigkeit, jüdische Einrichtungen polizeilich zu schützen, bezeichnete Löhrmann als zwiespältig und beschämend. Gläubige müssten Synagogen durch Sicherheitskorridore betreten, ebenso Schülerinnen und Schüler jüdischer Schulen. Die Landesregierung verstärke zwar den Schutz auf Wunsch und in Absprache mit den jüdischen Gemeinden, doch sei es beschämend, dass diese Maßnahmen überhaupt nötig seien.
Die Webseite der Antisemitismusbeauftragten NRW definiert Antisemitismus als „eine bestimmte Wahrnehmung von Juden, die im Hass auf Juden Ausdruck finden kann“. Er richte sich gegen jüdische oder nicht-jüdische Individuen und/oder ihr Eigentum, gegen jüdische Gemeinden und religiöse Einrichtungen. Die RIAS NRW Meldestelle betont, dass Antisemitismus in verschiedenen Formen und Kontexten auftritt – von beiläufigen Bemerkungen bis hin zu tätlichen Angriffen. Die Webseite der Landesregierung NRW informiert über finanzielle Mittel zum Schutz jüdischer Einrichtungen und zusätzliche Unterstützung für Schulen bei der Bekämpfung von Antisemitismus.
https://www.zeit.de/news/2025-01/27/loehrmann-differenziert-gegen-antisemitismus-vorgehen
https://www.land.nrw/themen/antisemitismus
https://www.antisemitismusbeauftragte.nrw/index.php/de/antisemitismus
https://ajs.nrw/studie-antisemitismus-in-nordrhein-westfalen/