Der Antisemitismusbeauftragte der baden-württembergischen Landesregierung, Michael Blume, warnt vor einem Wiedererstarken des Antisemitismus, der sich zunehmend im digitalen Raum manifestiert und von dort in die analoge Welt überschwappt. Wie die Zeit berichtet, äußerte Blume diese Besorgnis anlässlich des 86. Jahrestages der Pogromnacht in einem Gastbeitrag für die Badischen Neuesten Nachrichten. (Zeit Online, 09.11.2024) Er betont, dass Antisemitismus in Baden-Württemberg nie gänzlich verschwunden sei, sondern nun in Form von Antizionismus und unter Nutzung digitaler Medien zurückkehre.
Blume unterstreicht die Bedeutung des Gedenkens an die Schrecken der Vergangenheit, mahnt aber gleichzeitig dazu, die aktuellen Bedrohungen, denen Jüdinnen und Juden ausgesetzt sind, nicht zu ignorieren. Er verweist auf einen rasanten Anstieg von Angriffen gegen jüdische Personen und Einrichtungen. Im Internet würden Jüdinnen und Juden täglich beleidigt und bedroht, und dieser Hass finde immer wieder auch seinen Weg in die reale Welt. (Süddeutsche Zeitung, 09.11.2024)
Besonders besorgniserregend sei die Situation an Universitäten, wo jüdische Studierende zunehmend mit Antisemitismus konfrontiert werden. Blume berichtet von Fällen, in denen jüdische Studierende digital mit Hamas-Symbolen markiert und die Terroranschläge vom 7. Oktober vor ihren Augen als Befreiungskampf verherrlicht würden. Einige Studierende würden aus Angst religiöse Symbole und Kleidungsstücke verstecken, und manche hätten Schwierigkeiten, ihr Studium fortzusetzen. (Stern, 09.11.2024)
Blume zeichnet in seinem Beitrag auch die historische Entwicklung des Antisemitismus nach. Er führt aus, dass das Judentum mit der Entwicklung des Alphabets vor fast 4000 Jahren zur ersten Religion mit einer heiligen Schrift in alphabetischer Form wurde. Die religiöse Pflicht, auch Kindern aus ärmeren Familien Lesen und Schreiben beizubringen, habe das Judentum zur ersten Bildungsreligion gemacht. Dieser Bildungserfolg habe jedoch Neid und Feindseligkeiten hervorgerufen, die sich im Laufe der Geschichte in verschiedenen Formen des Antisemitismus manifestiert hätten – von der antiken Judenfeindlichkeit über den mittelalterlichen Antijudaismus bis hin zum rassistischen und mörderischen Antisemitismus des 20. Jahrhunderts.
Die aktuelle Situation zeige, dass formale Bildung allein nicht vor Verschwörungsglauben und Antisemitismus schütze. Blume betont die Notwendigkeit, den Antisemitismus in all seinen Formen zu bekämpfen und jüdisches Leben zu schützen.
Der 9. November ist ein Tag des Gedenkens an die Opfer der nationalsozialistischen Pogrome und der systematischen Ermordung der europäischen Juden. In der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 brannten im Deutschen Reich Synagogen, und die Nationalsozialisten begannen mit direkten und gezielten Gewaltaktionen gegen die jüdische Bevölkerung.