Wie die Zeit berichtet, gibt es in mehreren Thüringer Städten Aktionen, die das System der Bezahlkarten für Geflüchtete unterlaufen. In Jena und Erfurt werden laut der Initiative „Abolish Bezahlkarte!“ monatlich rund 15.000 Euro Bargeld an Geflüchtete ausgezahlt. Das Geld stammt aus dem Verkauf von Supermarkt-Gutscheinen, die die Geflüchteten zuvor mit ihren Bezahlkarten erworben haben. Diese Gutscheine werden dann in teilnehmenden Läden und Cafés verkauft, um den Bargeldtopf wieder aufzufüllen.
Die Aktionsgruppe „Abolish Bezahlkarte!“, an der neben den Ortsgruppen Jena und Erfurt auch die Initiative „Seebrücke“ und ein Thüringer Netzwerk von Geflüchteten beteiligt sind, kritisiert die Bezahlkarte als „diskriminierend und rassistisch“. Wie Nana von der Aktionsgruppe gegenüber der dpa erklärte (zitiert nach Zeit Online), sei die Aktion so lange geplant, bis die Bezahlkarte abgeschafft werde. Oftmals erhielten Geflüchtete nur 50 Euro Bargeld, und die regionale Beschränkung der Karten erschwere Reisen, beispielsweise zu Familienbesuchen. Die Initiative tauscht pro Person Gutscheine im Wert von 100 Euro in Bargeld um, wobei es auch Ausnahmen gibt. Kontakte bestehen zu Geflüchteten in Sonneberg, Greiz, Arnstadt, Gotha und Apolda. Auch aus der Gemeinschaftsunterkunft Obermehler im Unstrut-Hainich-Kreis nehmen Geflüchtete an der Aktion teil, obwohl diese dort laut Landratsamt nicht bekannt ist.
Das Landratsamt Greiz berichtet von einer weiteren Initiative, die die Bezahlkarte unterwandern will. Ein Sprecher äußerte gegenüber der dpa (zitiert in diversen Medien, u.a. Süddeutsche Zeitung) die Besorgnis, dass die organisierte Tauschaktion das Bezahlkartensystem aushebele und den Missbrauch staatlicher Leistungen befeuere. Man prüfe, wie die Tauschaktion unterbunden werden könne. In Jena und Erfurt hingegen gab es laut Nana bisher keine Konfrontationen mit den Behörden. Die Aktion wurde bewusst öffentlich gemacht, und der Verkauf der Gutscheine laufe gut.
In Thüringen haben inzwischen alle Kreise und die kreisfreie Stadt Gera die Bezahlkarte für Geflüchtete eingeführt. Die Höhe der zusätzlich bar ausgezahlten Beträge und die Gültigkeit der Karte sind regional unterschiedlich geregelt. Eines der politischen Ziele der Bezahlkarte ist die Verhinderung von Überweisungen in die Heimatländer. Die Städte Erfurt, Jena, Weimar und Suhl hatten zuletzt noch auf eine bundesweite Lösung gewartet.
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