October 3, 2024
Belebung des deutschen M&A-Markts: Große Übernahmepläne im Blickpunkt

Nach einem verhaltenen Jahresbeginn erlebt der deutsche Markt für Fusionen und Übernahmen (M&A) eine späte, aber umso deutlichere Belebung. Wie die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ (F.A.Z.) berichtet, wurden allein in der vergangenen Woche milliardenschwere Übernahmepläne für die Unternehmen Covestro, Techem und Schenker bekannt, die dem deutschen M&A-Markt nach einem schwachen ersten Halbjahr neuen Schwung verleihen.

Im ersten Halbjahr 2024 lag das Volumen der Fusionen und Übernahmen in Deutschland noch deutlich unter dem Niveau des Vorjahreszeitraums. Dies lag vor allem daran, dass große Transaktionen fehlten, während die Zahl der Projekte in etwa konstant blieb. International hingegen zeigte sich der M&A-Markt bereits im ersten Halbjahr 2024 robust, mit einem weltweiten Anstieg des Volumens um etwa ein Fünftel im Vergleich zum Vorjahr.

Ein erstes Anzeichen für eine Trendwende in Deutschland brachte der Juli, als Bosch die Übernahme des Geschäfts mit Heiz- und Klimatechnik von Johnson Controls für 8 Milliarden Dollar ankündigte. In diesem Fall agierte ein deutsches Unternehmen als Käufer und trug damit zur positiven Entwicklung der M&A-Statistik bei.

Die drei jüngsten Großprojekte, die in den vergangenen Tagen konkret wurden, betreffen jedoch deutsche Unternehmen auf der Verkaufsseite. So hat der Staatskonzern Adnoc aus Abu Dhabi nach langem Werben ein Angebot zur Übernahme des börsennotierten Kunststoffkonzerns Covestro für bis zu 16 Milliarden Euro einschließlich Schulden abgegeben. Vorstand und Aufsichtsrat von Covestro unterstützen das Angebot, die Erfolgsaussicht der Offerte wird als hoch eingeschätzt.

Ebenfalls in der vergangenen Woche wurde der Weiterverkauf des Energiedienstleisters Techem bekannt gegeben. Der schweizerische Finanzinvestor Partners Group verkauft das Unternehmen für 6,7 Milliarden Euro an die US-Beteiligungsgesellschaft TPG und den singapurischen Staatsfonds GIC. Techem wird damit zum vierten Mal in Folge von einem Finanzinvestor übernommen.

Auf der Zielgeraden befindet sich der Verkauf des Logistikkonzerns Schenker, der ebenfalls an einen Käufer aus dem Ausland gehen soll. Die Schenker-Eigentümerin Deutsche Bahn hat nach einem monatelangen Bieterverfahren den Zuschlag an den dänischen Konkurrenten DSV erteilt. Das Volumen der geplanten Transaktion beläuft sich auf rund 14 Milliarden Euro. Der Aufsichtsrat der Deutschen Bahn hat dem Vorhaben bereits zugestimmt.

Die drei Transaktionen Covestro, Techem und Schenker stehen damit an der Spitze der Übernahmeankündigungen in Deutschland im Jahr 2024. Bislang hatte Encavis, der Wind- und Solarparkbetreiber, den KKR zusammen mit anderen Investoren erwirbt, den Spitzenplatz inne.

Der Datendienstleister LSEG errechnete kürzlich für die ersten neun Monate des Jahres 2024 ein Volumen von 111 Milliarden Dollar für alle Transaktionen, an denen deutsche Unternehmen als Käufer oder Verkäufer beteiligt waren. Dies entspricht einem Plus von 39 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. „Im Sommer haben sich einige Transaktionen materialisiert, an denen schon lange gearbeitet wurde. Das passt ins Bild, dass zurzeit viele Prozesse komplexer sind und nach wie vor länger dauern“, sagt Investmentbanker Tibor Kossa von der US-Bank Goldman Sachs gegenüber der F.A.Z.

Insgesamt ist Private Equity noch immer vergleichsweise zurückhaltend. „Es besteht aber ein Nachholbedarf sowohl beim Verkauf von Portfoliounternehmen als auch bei Akquisitionen, sodass wir mit mehr Private-Equity-Transaktionen in den nächsten Quartalen rechnen“, sagt Investmentbanker Carsten Laux von der Deutschen Bank. Im Übrigen könnte die Welt der deutschen Großkonzerne weitere schwere Transaktionen hervorbringen: Die Commerzbank hat das Interesse der italienischen Unicredit auf sich gezogen. Der Autozulieferer Continental steht vor einer Aufspaltung. Der Chemiekonzern BASF dürfte Geschäfte, die ein Viertel seines Umsatzes repräsentieren, verselbständigen.

Quelle: F.A.Z.

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