Die Parteien stehen vor der Bundestagswahl vor komplexen strategischen Entscheidungen. Wie positionieren sie sich im Wahlkampf, welches Ergebnis peilen sie an und mit welchen Koalitionspartnern könnten sie regieren? Die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) analysierte die strategischen Ziele der Parteien im November 2024 und beleuchtete die unterschiedlichen Szenarien für die ehemaligen Ampel-Partner sowie die Oppositionsparteien. Auch das BSW, dessen Rolle im Wahlkampf noch unklar ist, könnte Einfluss auf die Strategien der Parteien haben.
Die SPD steht vor einem schwierigen Spagat. Wie die FAZ berichtet, setzt Kanzler Olaf Scholz auf eine klare Konfrontation mit CDU-Chef Friedrich Merz. Ein klassischer Links-Rechts-Wahlkampf, der die Wähler in der Mitte mobilisieren soll. Gleichzeitig ist die SPD für eine Regierungsbildung realistisch betrachtet auf die CDU angewiesen. Eine Neuauflage der Großen Koalition scheint unausweichlich, obwohl sie in der Partei umstritten ist. Daher muss die SPD im Wahlkampf einen Balanceakt vollführen: Einerseits Merz angreifen, andererseits sich programmatisch nicht zu weit von der CDU entfernen, um eine spätere Zusammenarbeit nicht zu gefährden. Maßnahmen wie die Verschärfungen beim Bürgergeld könnten als strategische Annäherung an die Union gewertet werden.
Robert Habeck bewirbt sich um das Kanzleramt, doch wie die FAZ analysiert, ist das eigentliche Ziel der Grünen die Regierungsbeteiligung – in welcher Form auch immer. Angesichts der Umfragewerte ist eine linke Mehrheit unwahrscheinlich. Daher positionieren sich die Grünen als potenzieller Juniorpartner der CDU. Dabei gilt es, die eigenen Kerninhalte nicht zu verwässern und gleichzeitig für die Union attraktiv zu erscheinen. Habeck muss einen schwierigen Balanceakt vollführen, um sowohl die skeptische Union als auch den linken Parteiflügel zu überzeugen. Die programmatischen Debatten, etwa zur Vermögenssteuer oder Migrationspolitik, werden richtungsweisend für den Wahlkampf sein.
Die FDP kämpft um den Wiedereinzug in den Bundestag. Wie die FAZ berichtet, strebt Parteichef Christian Lindner erneut das Finanzministerium an. Dafür benötigt die FDP einen Koalitionspartner, und die einzige realistische Option ist die Union. Programmatisch gibt es viele Schnittmengen, etwa bei der Migrationspolitik oder der Forderung nach Wirtschaftsreformen. Allerdings benötigt Schwarz-Gelb einen dritten Partner für eine Regierungsmehrheit. Eine erneute Ampel-Koalition erscheint nach dem Bruch und den Differenzen in der Wirtschaftspolitik unwahrscheinlich. Bleibt die Jamaika-Option mit den Grünen. Doch auch hier gibt es Hürden, denn 2017 scheiterten die Verhandlungen bereits einmal am Veto der FDP.
Die CDU liegt in den Umfragen vorne und geht selbstbewusst in den Wahlkampf. Wie die FAZ berichtet, ist das strategische Ziel klar: die Regierungsübernahme. Doch mit wem? Eine Koalition mit der FDP allein reicht nicht für eine Mehrheit. Die Grünen sind eine Option, aber programmatisch gibt es Differenzen. Auch eine Neuauflage der Großen Koalition mit der SPD ist nicht ausgeschlossen. Merz muss im Wahlkampf die verschiedenen Optionen offenhalten und gleichzeitig eine klare Führungsrolle demonstrieren.
Neben den etablierten Parteien spielen auch kleinere Parteien und das BSW eine Rolle im Wahlkampf. Die FAZ erwähnt die AfD und die Linke, deren strategische Ziele jedoch weniger im Fokus der Analyse stehen. Das BSW könnte als neuer Player Einfluss auf die Koalitionsbildung haben und die Pläne der etablierten Parteien durchkreuzen.
Die Wahlprogramme der Parteien bieten weitere Einblicke in ihre strategischen Ziele. So betont die CDU in ihrem Wahlprogramm für die Bundestagswahl 2021 (Quelle: mitmischen.de) die Bedeutung von Familienförderung, Bildung, Digitalisierung und Umweltschutz. Die HSFK-Blogreihe zur Bundestagswahl 2021 (Quelle: blog.prif.org) analysierte die außenpolitischen Positionen der Parteien und stellte fest, dass SPD und Grüne den größten Schwerpunkt auf die Außenpolitik legen. Ein Interview mit Verhaltensökonom Axel Ockenfels im manager magazin (Quelle: manager-magazin.de) beleuchtete die Verhandlungsstrategien der Parteien und zeigte, dass die kleineren Parteien FDP und Grüne aufgrund ihrer Schlüsselrolle in der Koalitionsbildung eine starke Verhandlungsposition haben.