Cherson, einst eine blühende Stadt am Dnipro, ist heute von der ständigen Bedrohung durch Drohnenangriffe gezeichnet. Wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) berichtet, hat sich der Alltag der Bewohner dramatisch verändert. Leere Straßen, ausgeschaltete Ampeln und hohe Geschwindigkeiten selbst an Kreuzungen sind der neue Normalzustand – Sicherheitsmaßnahmen in einer Stadt, in der es keine wirkliche Sicherheit gibt.
Der Tod lauert von oben. Modifizierte Hobbydrohnen, bestückt mit selbstgebauten Sprengladungen, kreisen über der Stadt und machen Jagd auf Zivilisten. Wie die NZZ berichtet, nehmen diese Angriffe, die die Ukrainer „Skid“ (Abwurf) nennen, seit dem Sommer massiv zu. Die FAZ beschreibt die selbstgebauten Sprengsätze als granatenähnliche Ladungen, die beim Aufprall explodieren. Menschen, Fahrzeuge, alles unter freiem Himmel wird zum potenziellen Ziel.
Die Menschen versuchen, sich zu schützen, indem sie ihre Autos unter Bäumen parken, in der Hoffnung, der Sicht der Drohnenpiloten zu entgehen. Doch die Angst bleibt. Der Telegram-Kanal des lokalen Rundfunks, den die FAZ zitiert, liest sich wie ein erschreckender Nachrichtenticker, der die grausame Realität des Krieges widerspiegelt: Meldungen über Tote und Verletzte durch Drohnenangriffe und Artilleriebeschuss reihen sich aneinander. Ende Oktober zählten die Behörden laut FAZ an einem einzigen Tag fünf getötete und 13 verletzte Zivilisten im Gebiet Cherson, darunter ein Kind. Die Militärverwaltung registriert seit Juni mehr als 1700 Drohnenangriffe, wobei die Dunkelziffer vermutlich weit höher liegt.
Die ständige Gefahr durch die Drohnen hat Cherson, insbesondere die Gebiete nahe dem Dnipro, in eine Geisterstadt verwandelt. Wie die FAZ berichtet, fehlen Autos, Passanten, sogar Fensterscheiben. Der breite Fluss trennt die Stadt seit fast zwei Jahren von den russischen Besatzern auf der anderen Seite. Während in anderen Frontstädten Militärpräsenz sichtbar ist, ist Cherson aufgrund seiner Lage in Reichweite russischer Waffen weitgehend vom Militär geräumt.
Im städtischen Krankenhaus liegen die Opfer der Angriffe. Die FAZ schildert das Schicksal von Soja Bondarenko, einer 64-jährigen Rentnerin, die an einer Bushaltestelle von einer Drohne getroffen wurde. Sie unterscheidet wie viele Einwohner Chersons inzwischen die verschiedenen Drohnentypen. Trotz ihrer Verletzungen und der ständigen Gefahr will sie die Stadt nicht verlassen. "Wohin denn?", fragt sie, eine Frage, die viele Einwohner Chersons stellen. Wer jetzt noch hier ist, der bleibt, egal wie schlimm es wird. Sie haben die Schrecken des Krieges, die russische Besatzung, die Befreiung durch die ukrainischen Truppen und die darauffolgende Zerstörung der Infrastruktur miterlebt.
Wie der Südkurier berichtet, hat das UN-Menschenrechtsbüro Russland für einen Raketenangriff auf das Dorf Hrosa verantwortlich gemacht, bei dem 59 Zivilisten getötet wurden. Der Angriff, der sich gegen ein rein ziviles Ziel richtete, verstößt gegen das humanitäre Völkerrecht.
Die NZZ berichtet über einen weiteren Aspekt des Krieges: die psychologische Belastung der Soldaten. In einem Feldspital nahe der Front erleben die Sanitäter die ruckartigen Wechsel zwischen Ruhe und extremer Belastung, wenn nach einem Angriff zahlreiche Verwundete eingeliefert werden.
Die Drohnenangriffe auf Cherson sind ein Beispiel für die brutale Realität des Krieges in der Ukraine, der die Zivilbevölkerung in ständige Gefahr bringt und das Leben in der Stadt grundlegend verändert hat.
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