October 5, 2024
Einblicke in die italienische Kultur durch unübersetzbare Wörter

Waren Sie schon einmal in einem Autogrill? Wissen Sie, welche Minderheitensprachen in Italien geschützt sind? Ist Ihnen bekannt, wofür „Papeete“, der Name der Hauptstadt von Französisch-Polynesien, im italienischen Politikjargon steht? Solche und weitere Fragen stellt der Journalist und Autor Sebastian Heinrich in seinem Buch „Kurz gesagt: Italien“. Darin widmet er sich fünfzehn italienischen Wörtern, die sich nicht eins zu eins ins Deutsche übersetzen lassen, wie Andreas Rossmann in der F.A.Z. berichtet.

Heinrich, der acht Jahre seiner Schulzeit in Italien verbrachte, nutzt die Unübersetzbarkeit der Wörter als Anlass, italienische Geschichte, Lebenswirklichkeit und Identität zu erläutern. So wird der „Autogrill“ zum Sinnbild des Wirtschaftswunders, während „Belpaese“ den Kampf um nationale Identität verkörpert. Der Begriff „Berlusconismo“ erinnert an die Verführungskunst eines Casanovas, und „Ferragosto“ steht als geplanter Ausnahmezustand im Widerspruch zur globalisierten Welt.

Doch Heinrich beleuchtet nicht nur politische und gesellschaftliche Phänomene, sondern auch Aspekte der Alltagskultur. So setzt er sich mit dem „Cinepanettone“, der italienischen Weihnachtskomödie, auseinander, die er als politisch unkorrektes Genre beschreibt, das die Nation spaltet. Auch der Mythos der Caffè-Kultur („Moka“) und der Erfolg der „Merendina“, eines industriell gefertigten süßen Gebäcks, werden von ihm analysiert.

Besonders interessant ist Heinrichs Auseinandersetzung mit dem Gesetz „Quattrocentoottantadue“, das 1999 zum Schutz von zwölf Minderheitensprachen erlassen wurde. Dieses Gesetz spiegelt die sprachliche Vielfalt Italiens wider, von den großen Sprachgruppen wie Französisch, Deutsch und Slowenisch im Norden bis hin zu den kleineren albanischen und griechischen Sprachinseln im Süden.

In seinem Artikel für die F.A.Z. lobt Andreas Rossmann Heinrichs Buch als anregende Lektüre, die originelle Antworten auf Fragen rund um Italien bietet. Heinrich habe gründlich recherchiert und zeige sich belesen und neugierig. Kritisch merkt Rossmann jedoch an, dass Heinrich Widersprüche nicht immer stehen lasse und wichtige Werke wie Leonardo Sciascias „Die Affaire Moro“ oder Franco Cassanos „Il pensiero meridiano“ unerwähnt blieben.

„Kurz gesagt: Italien“ basiert auf einem gleichnamigen Podcast, den Heinrich seit Juni 2022 produziert. In jeder Folge widmet er sich einem unübersetzbaren italienischen Wort und erläutert dessen Bedeutung, Geschichte und kulturelle Relevanz. Der Podcast ist auf verschiedenen Plattformen wie Podigee und Spotify verfügbar und erfreut sich großer Beliebtheit.

Sowohl das Buch als auch der Podcast richten sich an alle, die sich für Italien interessieren und mehr über die Kultur, Geschichte und Lebensweise des Landes erfahren möchten. Heinrichs Herangehensweise ist dabei ebenso informativ wie unterhaltsam und bietet neue Perspektiven auf ein Land, das oft von Klischees geprägt ist.

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