2.11.2024
Entfremdung von der Demokratischen Partei in den ländlichen USA

Vor der US-Wahl: „Die Demokraten haben uns verlassen“

In den ländlichen Regionen Amerikas, insbesondere in den ehemaligen Kohlerevieren von Appalachia, ist ein wachsender Unmut gegenüber der Demokratischen Partei zu beobachten. „Die Demokraten haben uns verlassen“, ist ein Satz, der dort immer wieder zu hören ist, wie Harald Staun in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) am 02.11.2024 berichtet. Viele Bewohner fühlen sich von der Partei, die einst als die Stimme der Arbeiterklasse galt, ignoriert und abgehängt. Stattdessen sehen sie in den Republikanern, insbesondere in Donald Trump, einen Vertreter ihrer Interessen.

Staun beschreibt in seinem Artikel eine Reise durch Appalachia und schildert die Stimmung vor Ort. Ein „Trump Superstore“ an der Interstate 40, gefüllt mit Fanartikeln, zeugt von der anhaltenden Unterstützung für den ehemaligen Präsidenten. Die Sehnsucht nach den „guten alten Zeiten“ und das Gefühl, von den politischen Eliten vergessen zu werden, sind prägende Faktoren für das Wahlverhalten in diesen Regionen.

Die wirtschaftlichen Schwierigkeiten der Kohlereviere und der Strukturwandel haben tiefe Spuren hinterlassen. Viele Menschen fühlen sich von der Globalisierung und dem technologischen Fortschritt abgehängt. Die Demokraten, so die Wahrnehmung vieler, hätten keine Antworten auf ihre Probleme und konzentrierten sich stattdessen auf die Anliegen urbaner Wählergruppen. Dieses Gefühl der Entfremdung wird von den Republikanern aufgegriffen und für ihre Zwecke instrumentalisiert.

Auch Martin Klingst, ehemaliger USA-Korrespondent der Zeit, beschreibt in seinem Buch „Trumps Amerika. Reise in ein weißes Land“ (2018) die Gründe für die Unterstützung Trumps unter weißen Arbeitern. Er porträtiert Wähler wie Kay Bartels aus Wisconsin, die sich von den Demokraten im Stich gelassen fühlen und in Trump einen authentischen Vertreter ihrer Interessen sehen. „Nicht ich habe die Demokraten verlassen, sondern die Demokraten mich“, zitiert Klingst Bartels. Sie kritisiert, dass sich die Demokraten zu sehr auf die Anliegen von Minderheiten und urbanen Eliten konzentrierten und die Belange der ländlichen Bevölkerung vernachlässigten. Ähnliche Aussagen finden sich auch in Klingsts Artikel „Die weißen Arbeiter entscheiden über Donald Trump“ in der Zeit vom 03.12.2018.

Die Unzufriedenheit mit der Demokratischen Partei ist jedoch nicht nur auf wirtschaftliche Gründe zurückzuführen. Auch kulturelle Faktoren spielen eine Rolle. Viele Wähler in ländlichen Gebieten fühlen sich von den progressiven Werten der Demokraten entfremdet. Themen wie Abtreibung, gleichgeschlechtliche Ehe und Transgender-Rechte stoßen bei vielen konservativen Wählern auf Ablehnung. Sie sehen in den Demokraten eine Partei, die ihre traditionellen Werte nicht respektiert.

Die Republikaner nutzen diese kulturellen Gräben, um Wähler zu mobilisieren. Sie präsentieren sich als die Verteidiger der traditionellen amerikanischen Werte und sprechen damit die Ängste und Sorgen vieler Menschen an. Die politische Polarisierung in den USA wird dadurch weiter verstärkt.

Die Frage, ob die Demokraten diese Wähler zurückgewinnen können, bleibt offen. Es bedarf einer Strategie, die die wirtschaftlichen und kulturellen Sorgen der ländlichen Bevölkerung ernst nimmt und konkrete Lösungen anbietet. Andernfalls droht die politische Spaltung der USA weiter zu vertiefen.

Quellen:

Weitere
Artikel