October 5, 2024
Eskalation der Gewalt im Nahen Osten: Israelische Luftangriffe auf Libanon

Israels Luftwaffe hat in der Nacht erneut Ziele im Libanon angegriffen, wie örtliche Sicherheitsquellen berichten. Demnach traf eine Drohne nahe der Hafenstadt Tripoli im Nordwesten des Landes eine Wohnung in einem palästinensischen Flüchtlingslager. Es soll Tote und Verletzte gegeben haben. Die Hamas bestätigte den Angriff und gab an, dass dabei einer ihrer Kommandeure, Said Attallah Ali, sowie dessen Frau und zwei Töchter getötet wurden. Es handle sich um den ersten Angriff dieser Art auf das Gebiet, seit Israel vor mehr als zwei Wochen seine Offensive begann. Auch aus südlichen Vororten der Hauptstadt Beirut sowie dem Bekaa-Tal im Osten des Landes wurden Angriffe gemeldet. Die israelische Armee äußerte sich zunächst nicht zu den Vorfällen.

Die jüngsten Angriffe ereignen sich kurz vor dem ersten Jahrestag des Massakers der islamistischen Hamas in Israel am 7. Oktober und schüren die Angst vor einer weiteren Eskalation der Gewalt in der Region. Die israelische Regierung unter Benjamin Netanjahu hatte nach dem Angriff Irans mit Vergeltung gedroht und schließt Angriffe auf iranische Atomanlagen offenbar nicht aus. Ein hochrangiger Beamter des US-Außenministeriums sagte dem Sender CNN, Israel habe der US-Regierung keine Zusicherung gegeben, dass ein Angriff auf Irans Atomanlagen vom Tisch sei. US-Präsident Joe Biden hatte sich am Mittwoch gegen einen solchen Angriff ausgesprochen.

Der republikanische Präsidentschaftskandidat Donald Trump kritisierte Bidens Haltung und sprach sich für einen Angriff auf die iranischen Atomanlagen aus. „Seine Antwort hätte sein sollen: Zielt zuerst auf die Atomanlagen und macht euch über den Rest später Gedanken“, sagte Trump bei einer Wahlkampfveranstaltung. Biden hingegen riet Israel auch von Angriffen auf die Infrastruktur der iranischen Öl-Industrie ab. „Wenn ich an ihrer Stelle wäre, würde ich über andere Alternativen nachdenken, als Ölfelder anzugreifen“, sagte er vor der Presse.

Am 7. Oktober 2023 hatten Terroristen der Hamas und anderer extremistischer Gruppen mehr als 1.200 Menschen in Israel getötet und etwa 250 weitere als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt. Der Angriff löste einen Krieg in dem Küstenstreifen aus. Die israelische Armee griff nach eigenen Angaben unterdessen erneut eine Kommandozentrale der Hamas im Gazastreifen aus der Luft an. Sie habe sich im Zentrum des abgeriegelten Küstengebiets in einem früheren Schulgebäude befunden. Man habe zuvor Maßnahmen ergriffen, um die Gefahr für Zivilisten zu mindern, so die Armee. Die Angaben ließen sich zunächst nicht unabhängig prüfen.

In Deutschland wollen am Wochenende zahlreiche Veranstaltungen an den Überfall der Hamas und den Krieg erinnern. Die Polizei stellt sich auf einen Großeinsatz ein. Derweil herrscht nach dem Raketenangriff Irans auf Israel vom Dienstag Sorge vor einem Flächenbrand. Die Israelis hätten sich bislang nicht festgelegt, wie sie auf den iranischen Angriff reagieren wollten, sagte Biden. Der von CNN zitierte Beamte antwortete auf die Frage, ob ein Angriff auf Irans Atomanlagen vom Tisch sei: „Wir hoffen und erwarten, dass wir sowohl Weisheit als auch Stärke sehen werden, aber wie Sie wissen, gibt es keine Garantien“. Ein anderes mögliches Ziel für Israel könnten laut Experten Irans Raketen sein.

Da diese bei einem möglichen abermaligen Angriff die Luftabwehr der Israelis am Ende überwältigen könnten, dürften insbesondere Irans Kapazitäten zur Herstellung der Raketen zu den vorrangigen Zielen Israels gehören, zitierte das „Wall Street Journal“ Fabian Hinz, wissenschaftlicher Mitarbeiter für Verteidigungs- und Militäranalysen am International Institute for Strategic Studies. Während sich die iranischen Raketenbestände in unterirdischen Anlagen befänden, die nur schwer zu treffen seien, seien die Raketenproduktionsanlagen weniger geschützt, erklärte Hinz der US-Zeitung. „Selbst recht begrenzte Angriffe hätten Auswirkungen – nichts, was man nicht reparieren könnte, aber etwas, das die Produktion für eine ganze Weile stoppen würde“, sagte er. Iran hatte Israel am Dienstag mit rund 180 Raketen angegriffen. Die meisten wurden laut Israels Militär auch mithilfe einer von den USA geführten Verteidigungskoalition abgefangen.

Irans Religionsführer Ajatollah Ali Chamenei verteidigte den Raketenangriff und sprach den Verbündeten Mut zu. „Die glanzvolle Aktion unserer Streitkräfte (...) war eine völlig legale und legitime Handlung. Bei der Erfüllung unserer Pflicht zögern wir nicht und handeln nicht überstürzt“, sagte das Staatsoberhaupt bei einer Freitagspredigt in der Hauptstadt Teheran. „Wir haben nicht die Absicht, weiterzumachen“, sagte Irans Außenminister Abbas Araghchi, der angesichts der militärischen Spannungen für Gespräche nach Libanon gereist ist. „Sollte Israel weitere Aktionen gegen Iran unternehmen, wird unsere Antwort härter ausfallen“, sagte er vor Journalisten und fügte hinzu: „Unsere Reaktion wird angemessen und gut durchdacht sein.“ Beobachter vermuten, dass es bei seinem Besuch in der libanesischen Hauptstadt Beirut vor allem um die Nachfolge des bei einem israelischen Luftangriff getöteten Hizbullah-Chefs Hassan Nasrallah gehe. Iran ist der engste Verbündete der Hizbullah-Miliz, die nach dem Tod ihres Anführers erheblich geschwächt ist.

In Israel wurde derweil ein saudi-arabischer Medienbericht zitiert, wonach sich Israel inzwischen sicher sei, bei einem massiven Luftangriff in Beirut in der Nacht zum Freitag den als potenziellen Nachfolger von Nasrallah gehandelten Haschim Safi al-Din, Chef des Exekutivrats der Hizbullah, getötet zu haben. Eine offizielle Bestätigung der israelischen Armee gibt es bisher nicht. Auch die Hizbullah äußerte sich nicht dazu. In Libanon, das seit zwei Jahren ohne Präsident ist und faktisch ohne Regierung, entstand durch Nasrallahs Tod ein Machtvakuum. Es gibt vorerst keine Anzeichen, dass Iran die Lücke schließen will.

Die USA wollen nach Informationen des US-Nachrichtenportals „Axios“ den massiven Schlag Israels gegen die Hizbullah nutzen, um auf die Wahl eines neuen libanesischen Präsidenten zu drängen. Die Biden-Regierung sehe nun die Möglichkeit, den Einfluss der Miliz auf das politische System Libanons drastisch zu verringern und einen neuen Präsidenten zu wählen, der kein Verbündeter der Hizbullah ist, zitierte „Axios“ zwei nicht genannte US-Beamte.

Unterdessen geht der gegenseitige Beschuss zwischen der Hizbullah und der israelischen Armee weiter. Israels Armee will die Hizbullah schwächen und von der Grenze vertreiben. Die Schiitenmiliz gab im Morgengrauen eine Erklärung ab, wonach sie abermals eine Raketensalve auf den Norden Israels abgefeuert habe. Am Vortag hatte die proiranische Miliz nach Angaben des israelischen Militärs etwa 222 Geschosse aus Libanon auf israelisches Gebiet abgefeuert. Im N

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