19.10.2024
Europas Landwirtschaft am Scheideweg: Bürokratieabbau und Reformen für die Ernährungssicherheit
Die Europäische Union steht angesichts des Krieges in der Ukraine und der daraus resultierenden Herausforderungen für die Ernährungssicherheit sowie die Landwirtschaftspolitik vor umfassenden Aufgaben. Um diese zu bewältigen, fordert Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir einen raschen Bürokratieabbau und Reformen der gemeinsamen Agrarpolitik (GAP). Die Dringlichkeit dieser Forderung wird durch die aktuellen Bauernproteste in mehreren EU-Mitgliedstaaten unterstrichen. Özdemir betonte im Deutschlandfunk, dass die Landwirtschaftspolitik, die den großen Rahmen für die Agrarpolitik in der EU bilde, in der Umsetzung extrem bürokratisch sei. Landwirte sähen sich mit einer Vielzahl von Vorschriften konfrontiert, die zu einem erheblichen Zeitaufwand führten und ihre Arbeit erschwerten. Laut Statistischem Bundesamt verbringen Landwirte ein Viertel ihrer Arbeitszeit mit bürokratischen Aufgaben. Der Minister unterstützt daher die belgische Ratspräsidentschaft, die Reformvorschläge der EU-Kommission zur Verringerung des Verwaltungsaufwandes möglichst noch in der jetzigen Amtszeit auf den Weg zu bringen. Diese Reformen sind auch eine Reaktion auf die andauernden Bauernproteste, die sich gegen strenge Umweltauflagen, Subventionskürzungen und einen Übermaß an Bürokratie richten. Özdemir sieht in den Protesten eine Chance, dauerhafte Verbesserungen für die Agrarwirtschaft zu erreichen. Die EU-Agrarminister beraten derzeit über die Lage der Landwirtschaft und die anhaltenden Bauernproteste. Kundgebungen sind auch rund um das Treffen in Brüssel zu erwarten. Özdemir hat der belgischen Ratspräsidentschaft konkrete Vorschläge unterbreitet, wie Vereinfachungen im EU-Recht für landwirtschaftliche Betriebe aussehen können. Diese Vorschläge decken sich zum Teil mit denen der Kommission, zum Beispiel bei den Vereinfachungen beim Flächenmonitoring oder den Anpassungen der GAP-Strategiepläne. In Deutschland sammeln die Bundesländer auf Initiative des Ministers Ideen, wie die Bürokratiebelastung für Bauern reduziert werden kann. Ziel ist es, die Verknüpfung von Vorschriften der verschiedenen staatlichen Ebenen zu überarbeiten, um nicht mehr nachvollziehbare Anforderungen zu vermeiden. Der Prozess der Rückmeldung läuft bereits. Özdemir will, dass die Landwirte mehr Zeit auf dem Feld oder im Stall verbringen können, anstatt sich mit Papierkram zu belasten. Er fordert Planbarkeit und Praktikabilität in der GAP und betont, dass strukturelle Lösungen für strukturelle Probleme gefunden werden müssen. Die Landwirtschaft müsse in ihrer Wettbewerbsfähigkeit gestärkt werden, gleichzeitig müsse aber ein wirksamer und praxistauglicher Schutz von Artenvielfalt, Klima und Umwelt gewährleistet sein. Die EU-Kommission hat bereits Vorschläge vorgestellt, die auf die Forderungen nach Vereinfachung eingehen. Diese beinhalten unter anderem die Automatisierung der Analyse von Satellitenbildern zur Überwachung von Landflächen, eine Umkehr der Beweislast, bei der nun die Verwaltung den Landwirten das Nichteinhalten von Auflagen nachweisen muss, und Erleichterungen bei Regelungen zu höherer Gewalt und außergewöhnlichen Umständen. Özdemir wird am kommenden Montag zum Agrarrat nach Brüssel reisen, wo die aktuelle Lage der Landwirtschaft in der EU im Mittelpunkt stehen wird. Die Agrarministerinnen und -minister werden darüber beraten, wie der Verwaltungsaufwand für die Landwirte verringert werden kann. Dieses Treffen ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu einer effizienteren und zukunftsfähigen europäischen Agrarpolitik.
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