Das überraschende Ende der Ampel-Koalition hat weitreichende Folgen für verschiedene politische Bereiche, darunter auch das Familienrecht. Wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) berichtet, bleiben nach dem Koalitionsbruch viele geplante Reformen, auf die Regenbogen- und Patchworkfamilien gehofft hatten, vorerst unrealisiert. Jahrzehntealte familienpolitische Gesetze bleiben somit unangetastet.
Die FAZ schreibt, dass Kanzler Olaf Scholz (SPD) einige zentrale Vorhaben dennoch durch den Bundestag bringen möchte. Dazu zählen der Ausgleich der kalten Progression, eine Wachstumsinitiative, die Erhöhung von Kindergeld und Kinderzuschlag sowie der Schutz des Bundesverfassungsgerichts. Die im Koalitionsvertrag vereinbarten Modernisierungen des Familienrechts, die unter anderem lesbische Mütter betreffen, gehören jedoch nicht zu diesen priorisierten Projekten.
Die Süddeutsche Zeitung (SZ) berichtet, dass die fehlenden Entscheidungen im Familienrecht nicht nur lesbische Mütter, sondern auch Trennungseltern, Patchworkfamilien und gewaltbedrohte Kinder betreffen. Der ehemalige Justizminister Marco Buschmann (FDP) hatte ambitionierte Pläne für eine Reform des Unterhaltsrechts. Mit dem Aus der Regierung werden diese Pläne nun nicht umgesetzt.
Die taz berichtete bereits im August 2023 über die Pläne der Ampel zur Reform des Familienrechts. Justizminister Buschmann wollte unter anderem die sogenannte „Verantwortungsgemeinschaft“ für Menschen einführen, die füreinander Verantwortung übernehmen wollen, ohne eine Liebesbeziehung zu führen. Auch für lesbische Mütter sollte es Verbesserungen geben, die die Adoption eigener Kinder vereinfachen. Der Deutsche Juristinnenbund sah in der „Verantwortungsgemeinschaft“ zwar einen positiven Ansatz, wies aber auch auf mögliche Schwierigkeiten bei der Umsetzung hin, insbesondere für Frauen in heterosexuellen Beziehungen.
Wie regionalHeute.de berichtet, setzt sich Niedersachsen für die sogenannte "Mit-Mutterschaft" ein. Demnach soll die Ehepartnerin einer Frau, die ein Kind zur Welt bringt, automatisch als rechtliche Mutter gelten. Die niedersächsische Justizministerin Kathrin Wahlmann kritisiert die derzeitige Regelung, nach der lesbische Paare ihre Kinder adoptieren müssen, als diskriminierend. Sie fordert einen konkreten Gesetzesvorschlag zur Mit-Mutterschaft.
Die Zeit berichtete im Januar 2024 über Buschmanns Pläne zur Reform des Sorge- und Adoptionsrechts. Ziel war es, das Familienrecht an die soziale Wirklichkeit anzupassen und die rechtliche Situation von Regenbogenfamilien zu verbessern. So sollte unter anderem die Adoptionspflicht für lesbische Mütter abgeschafft und das Sorgerecht für unverheiratete Väter erleichtert werden. Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) begrüßte die geplanten Änderungen.
Die taz beleuchtete im August 2023 die verschiedenen Familienkonstellationen, denen die geplante „Verantwortungsgemeinschaft“ zugutekommen sollte. Neben Wohngemeinschaften wurden auch polyamore Beziehungen, Alleinerziehende und Co-Eltern genannt. Es blieben jedoch viele Fragen offen, beispielsweise hinsichtlich der Unterhaltspflichten und des Elterngeldes.
Das Aus der Ampel-Koalition bedeutet nun, dass diese geplanten Reformen vorerst nicht umgesetzt werden. Wie die Welt berichtet, ist das Vorhaben einer „Zeitenwende im Familienrecht“ gescheitert. Experten und Verbände zeigen sich enttäuscht. Familienministerin Paus möchte nun zumindest noch ein Projekt im Bundestag verwirklichen.
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