Das Thema Erbe ist in Deutschland zwar allgegenwärtig, wird aber häufig totgeschwiegen. Eine aktuelle Allensbach-Umfrage im Auftrag der Deutschen Bank zeigt, dass zwar immer mehr Menschen eine Erbschaft in ihre Altersvorsorge einplanen, aber nur wenige offen darüber sprechen. Die ZEIT berichtete am 26. November 2024 über die Ergebnisse der Umfrage unter der Überschrift: "Große Summen, große Sorgen: Tabuthema Erbschaft".
Wie die Analyse, über die auch der Tagesspiegel berichtete, zeigt, empfinden fast zwei Drittel der Befragten das Thema Vererben als unangenehm. Diese Abneigung, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen, hat im Vergleich zu früheren Umfragen aus den Jahren 2015 und 2018 sogar noch zugenommen. Besonders deutlich wird dies bei den potenziellen Erben: 69 Prozent von ihnen geben an, dass ihnen Gespräche über Erbschaften unangenehm sind. Gleichzeitig wünschen sich 41 Prozent der Befragten einen offeneren Umgang mit diesem Thema.
Die Furcht vor Streitigkeiten ist groß. Sowohl die potenziellen Erblasser als auch die zukünftigen Erben wünschen sich vor allem eines: dass es keinen Streit um das Erbe gibt. Wie die Badische Zeitung berichtet, legen 71 Prozent der zukünftigen Erben Wert auf eine klare Regelung der Erbschaftsaufteilung. Auch 67 Prozent der potenziellen Erblasser teilen diese Ansicht.
Trotz des großen Wunsches nach Klarheit verfassen nur wenige Menschen ein Testament. Lediglich 35 Prozent der potenziellen Erblasser haben ihren letzten Willen schriftlich festgehalten. Dieser Wert ist im Vergleich zu 2018 (39 Prozent) sogar gesunken. Besonders junge Familien scheinen unvorbereitet zu sein: Nur 11 Prozent der unter 50-Jährigen haben ein Testament, so die Deutsche Bank.
Die vererbten Summen steigen stetig an. Im Jahr 2023 erreichten Erbschaften und Schenkungen in Deutschland einen Rekordwert von 121,5 Milliarden Euro. Das sind fast 20 Prozent mehr als im Vorjahr. Die tatsächliche Summe der übertragenen Vermögen dürfte sogar noch höher liegen, da nicht alle Erbschaften und Schenkungen in der Steuerstatistik erfasst werden.
Auch die Erwartungen der zukünftigen Erben steigen. 34 Prozent rechnen mit einer Erbschaft von mindestens 250.000 Euro. Im Jahr 2018 lag dieser Wert noch bei 22 Prozent. Immer mehr Menschen planen, die Erbschaft für ihre Altersvorsorge zu verwenden: Der Anteil stieg von 52 Prozent im Jahr 2018 auf aktuell 60 Prozent.
Doch wer sollte das Gespräch über Erbschaften beginnen? 82 Prozent der Deutschen sehen die Initiative beim Erblasser. Gespräche finden meist nach Schicksalsschlägen oder Todesfällen statt, selten im Rahmen von Familienfeiern. 39 Prozent der Befragten sehen eine schwere Erkrankung als Anlass für ein Gespräch, 28 Prozent den Tod eines nahestehenden Menschen.
Raffael Gasser, Leiter Wealth Management & Private Banking Deutschland der Deutschen Bank, empfiehlt frühzeitige Gespräche mit der Familie und Experten, um Missverständnisse und Konflikte zu vermeiden.
Quellen:
- ZEIT ONLINE: Große Summen, große Sorgen: Tabuthema Erbschaft
- Tagesspiegel: Umfrage: Große Summen, große Sorgen: Tabuthema Erbschaft
- Badische Zeitung: Große Summen, große Sorgen: Tabuthema Erbschaft
- Handelsblatt: Erbschaften - Tabuthema Testament: Warum offene Gespräche dennoch wichtig sind
- Stern